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Konkurrenz erhöht den Druck

REWE macht der Nestle-Marke Nespresso Konkurrenz auf dem heiß umkämpften Markt mit Kaffeekapseln: Ab sofort haben die rund 3.000 REWE-Märkte für das Nespresso-System kompatible Kapseln im Sortiment, wie das Unternehmen am Freitag in Köln mitteilte. Mit dieser Kampfansage greift erstmals ein großer Handelskonzern das von Nestle bisher mit Zähnen und Klauen verteidigte Kapselsystem direkt an.

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Die Kapseln des Herstellers Ethical Coffee Company sollen laut einer Presseaussendung des deutschen REWE-Konzerns zudem - im Gegensatz zu den Aluminiumkapseln von Nestle - vollständig biologisch abbaubar und kompostierbar sein. Zudem sollen die von REWE vertriebenen Kapseln günstiger sein: Zehn Kapseln kosten 2,99 Euro und lägen damit um 15 bis 25 Prozent unter dem Preis von Nespresso-Kapseln.

Ex-Chef als Hauptkonkurrent

Hinter dem Coup steht mit Jean-Paul Gaillard kein Unbekannter. Er war bis 1997 selbst Nespresso-Chef, bevor er von Freiburg aus sein eigenes Kapselsystem aufbaute. Seine kleine Firma produziert mittlerweile über Fabriken in Frankreich 300 Millionen Kapseln. Von Anfang an fand er für seinen ehemaligen Arbeitgeber deutliche Worte: „Der Vertrieb von Nespresso ist total falsch“, sagte er gegenüber Bloomberg. Es sei für die Kunden viel zu kompliziert, das Produkt zu bekommen.

Kapseln biologisch abbaubar

Er setzt dabei auf ein neuartiges biologisches System. Der Kaffee ist in Kapseln aus Pflanzenfasern und Maisstärke verpackt. Nach dem Gebrauch könnten sie auf dem Kompost entsorgt werden, lobt auch REWE seinen neuen Kooperationspartner. „Energieintensives Recycling ist damit nicht nötig", sagte Lionel Souque, Vorstand der REWE Group.

Damit schafft Ethical Coffee Company, woran Nespresso bisher scheiterte: auch den umweltbewussten Käufer anzusprechen. Zwar installierte Nestle schon vor einiger Zeit ein Recyclingprogramm für die Aluminiumkapseln. Doch vor allem bei den Tabs für Firmenkaffeemaschinen fehlt bisher eine Sammel- und Rückgabemöglichkeit.

Holpriger Weg zur Weltmarke

Seit 1986 ist der Kaffee in der Kapsel vom Schweizer Konzern Nestle auf dem Markt. Seit dem Jahr 2000 ist die Marke Nespresso weltbekannt und steigert seine Umsätze von Jahr zu Jahr. Rund zwei Milliarden Euro macht Nespresso jährlich. Die durchschnittliche Wachstumsrate liegt bei über 30 Prozent. Doch nun droht Nespresso das, was auch schon den Herstellern von Kaffeepads und Druckerpatronen passiert ist.

Dabei war auch Nestles Start mit den Kapseln holprig. Seit 1986 auf dem Markt und erst 2000 weltbekannt - das Unternehmen setzte auf ein Luxusimage. Die Kapseln werden nur in eleganten Boutiquen verkauft und übers Internet an die Mitglieder des „Nespresso-Clubs“. Strenge Patentvorschriften sollen das Produkt vor Nachahmern schützen.

Nestles Exklusivität in Gefahr

Doch der Patentwall, den das Unternehmen um sich aufgebaut hat, bekommt langsam Risse. Neben der Schweizer Ethical Coffee Company, die mit REWE einen mächtigen Vertriebspartner gefunden hat, fechten auch Sara Lee aus den USA, Casino aus Frankreich und Beyers Coffee aus Belgien das Patent auf die Kaffeekapsel vor dem Europäischen Patentamt an.

Bisher wehrte sich Nestle mit einer Anzeigenflut gegen Konkurrenz. In der Schweiz laufen Klagen gegen den Discounter Denner, der im Sommer für seine Kopie der Nespresso-Kapsel mit einem vorsorglichen Verkaufsverbot belegt wurde. Und auch Media Markt und Saturn wurde in der Schweiz untersagt, Kapseln zu verkaufen, die auch in Nespresso-Maschinen passen. Das Unternehmen musste die beanstandenden Produkte aus den Regalen räumen.

Geschäft mit den Kapseln boomt

Sollte das Patent fallen, locken hohe Gewinnzuwächse. Nespresso konnte im ersten Halbjahr 2011 ein zweistelliges Wachstum verbuchen, über 15 Prozent des Umsatzes wurden dabei außerhalb von Europa generiert. Und in der Sparte, die im Jahr 2010 acht Prozent des gesamten Kaffeemarktes ausmachte, ist noch viel Luft nach oben, wie auch die Zahlen einer der Hauptkonkurrenten, Sara Lee, zeigen.

Im Sommer schaffte das US-Unternehmen mit seinem Produkt L’OR Espresso erstmals den Sprung über die 100-Mio.-Dollar-Marke. Das ist umso bemerkenswerter, da das Unternehmen erst seit April 2010 besteht. Verkauft werden die Kapseln derzeit in Frankreich, Spanien und den Niederlanden. Und auch Sara Lee hat bereits ein Auge auf den deutschen Markt geworfen.

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