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Ein Zeichen gewinnt an Bedeutung

Als Ray Tomlinson vor 40 Jahren eine Textnachricht von einem Rechner zum anderen schickte, war ihm noch nicht klar, dass er damit die Kommunikation nachhaltig verändern würde. Auch die Verwendung des @-Zeichens war Zufall.

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Tomlinson gilt als Erfinder der E-Mail, die aus dem Berufs- und Privatleben vieler Menschen nicht mehr wegzudenken ist. 1971 arbeitete er als Programmierer mit an der Entwicklung des ARPAnets, dem Vorläufer des heutigen Internets.

Zu diesem Zeitpunkt gab es zwar E-Mails und Mailboxen, allerdings in rudimentärer Form und lokal, also auf einem Rechner oder Host. Tomlinson modifizierte bestehende Software und Protokolle dahingehend, dass er damit Nachrichten zwischen verschiedenen Maschinen austauschen konnte. Die erste dieser „Netzwerk“-E-Mails wurde zwischen zwei Computern verschickt, die direkt nebeneinander standen, aber über das ARPAnet miteinander verbunden waren.

Die erste E-Mail war wohl banal

Über den genauen Inhalt der ersten E-Mail ist sich Tomlinson selbst nicht sicher, genauso wenig wie über die Nachhaltigkeit der Idee. Ein Kollege erzählte gegenüber „Forbes“, dass Tomlinson ihm seine Entwicklung mit den Worten „Erzähl das niemandem!“ zeigte, da er eigentlich an etwas ganz anderem arbeiten sollte. Für Tomlinson war die E-Mail „eine nette Idee“, es habe keine Anweisung dafür gegeben, das System zu erfinden.

Es sei wohl etwas wie „QWERTYUIOP“ in der ersten E-Mail gestanden, schreibt Tomlinson auf seiner Website, auf alle Fälle sei der Inhalt vernachlässigbar gewesen - daher habe er ihn auch vergessen. Als er mit seinem Werk zufrieden war, schickte er über das damals nur 23 Rechner umfassende Netzwerk seinen Kollegen eine E-Mail, mit der er die Existenz des Systems bekanntgab - und wie das @-Zeichen einzusetzen sei.

@ als Zuordnung zu einer Menge

Die Verwendung des @-Zeichens habe damals einfach Sinn ergeben, so Tomlinson. Im Englischen werde damit eine Zuordnung ausgedrückt. Das @-Zeichen wurde zu dem Zeitpunkt abseits von Computern vor allem von Buchhaltern und Händlern benutzt. Tomlinson wollte mit dem @-Zeichen verdeutlichen, dass der Nutzer einen anderen Rechner oder Host benutzt, wie etwa bei Ray@Tomlinson (Domain-Endungen wie .at wurden erst in den 80er Jahren eingeführt).

Das Zeichen komme zudem nicht in Namen vor, konnte daher nicht verwechselt werden und habe in den vom ihm verwendeten Texteditoren keine weitere Bedeutung gehabt, so Tomlinson. Nutzer anderer Systeme hatten laut Tomlinson jedoch damit zu kämpfen, dass das @-Zeichen dort sehr wohl eine Bedeutung hatte.

Wechsel der Bedeutung im Deutschen

In der deutschen Sprache war das @ vor der breiten Nutzung im und durch das Internet auch nur Wenigen bekannt. Mittlerweile wird es weltweit abseits der klassischen E-Mail auch genutzt, etwa um bestimmte Nutzer in Sozialen Netzwerken wie Twitter direkt anzusprechen. Zudem wurde es lange Zeit als Inbegriff für das Internet und die vernetzte Welt verwendet.

Die damaligen E-Mails würden sich von den heutigen kaum unterscheiden, so Tomlinson, abgesehen davon, dass sie nur aus Text bestanden. Spam gab es damals auch noch keinen. Mit der Entwicklung zur „Killeranwendung“, zuerst für das ARPAnet und in weiterer Folge für das Internet, änderte sich das bald.

Tomlinson war an der Weiterentwicklung der E-Mail, die in den 70er Jahren final standardisiert wurde, nicht mehr beteiligt. Er erhielt eine Reihe von Auszeichnungen, zuletzt den Kulturpreis der Eduard-Rhein-Stiftung.

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