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Rund 2,5 Tonnen Gewicht

Knapp einen Monat nach dem Absturz des US-Forschungssatelliten UARS kommt bereits der nächste ausgediente Weltraumflugkörper vom Himmel: Am Wochenende dürfte der Röntgensatellit ROSAT nach neun Jahren „Dienstzeit“ und insgesamt 20 Jahren im All auf die Erde stürzen - zumindest jene Teile davon, die nicht zuvor beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen.

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Laut letzten Berechnungen soll der Satellit am Samstag oder Sonntag in die Erdatmosphäre eintreten, teilte zuletzt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln mit. Wo er dann ungefähr auf die Erde treffen wird, lässt sich erst kurz zuvor abschätzen. Eine exakte Bestimmung des Absturzortes ist laut DLR praktisch unmöglich: „Der exakte Zeitpunkt sowie der Ort des Wiedereintritts lassen sich nicht vorhersagen“, heißt es auf der Website des Zentrums.

„Dienstzeit“ lange vorbei

Der Grund, weshalb der Röntgensatellit überhaupt abstürzt, ist der, dass er seit seiner Außerbetriebnahme 1999 kontinuierlich an Höhe verliert, so das DLR. Der Flugkörper besitzt kein Triebwerk und konnte daher damals auch nicht gezielt zum Absturz gebracht werden. Der als Röntgenobservatorium konzipierte deutsche Satellit (mit britischer und US-Beteiligung) war bereits im Jahr 1990 ins All geschossen worden und umkreiste ursprünglich in einer Höhe zwischen 565 und 585 Kilometern die Erde.

Schwierige Prognosen

Zuletzt kreiste ROSAT allerdings nur noch in einer Höhe von rund 240 Kilometern um die Erde. Beim Wiedereintritt in die Atmosphäre dürfte der 2,5 Tonnen schwere Forschungssatellit in etwa 30 Teile zerbrechen. Einige davon werden mit hoher Wahrscheinlichkeit verglühen, andere irgendwo auf die Erde niedergehen. Dass sich nicht genau sagen lässt, wann, liegt laut DLR an der kontinuierlichen Veränderung der Sonneneinstrahlung.

Wenn sich durch starke Sonneneinstrahlung die Atmosphäre erwärmt, steigt die Reibung, die das Absturztempo bremst. Selbst am Tag des Absturzes lässt sich der Zeitpunkt nur mit einer Schwankungsbreite von fünf Stunden berechnen. Der Satellit braucht für eine Erdumrundung nur rund 90 Minuten.

1,6 Tonnen schwerer Spiegel

Da die Umlaufbahn des Satelliten zwischen dem 53 nördlichen und südlichen Breitengrad verläuft, könnten die Trümmer so gut wie überall zwischen dem zentralen Nord- und Südamerika, Afrika, aber auch Mitteleuropa und dem Nahen Osten niedergehen - auch Österreich liegt in der potenziellen Absturzzone.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch von einem Teil des künstlichen Himmelskörpers getroffen wird liegt bei 1:700.000. Die größte - theoretische - Gefahr geht von dem rund 1,6 Tonnen schweren Spiegel des Satelliten aus, der extrem hitzebeständig ist und daher nicht vollständig verglühen dürfte. Würde dieser Teil auf der Erde aufschlagen, würde das einen mehrere Meter großen Krater ergeben.

Projekt war voller Erfolg

Mit dem Röntgenteleskop war ab 1990 erstmals der Himmel systematisch nach Quellen von Röntgenstrahlen abgesucht worden. Den Forschern lieferte ROSAT dabei wertvolle Daten. Galaxien, Neutronensterne, Kometen, Mond und Planeten ließen sich beobachten. Das deutsch-amerikanisch-britische Projekt war laut DLR eine Erfolgsgeschichte, die alle Erwartungen übertraf und von 4.000 Forschern aus 26 Ländern genutzt wurde. Nach Schäden war ROSAT im Februar 1999 abgeschaltet worden, seitdem bestand auch keine Verbindung mehr zum DLR-Kontrollzentrum.

Kein sichtbares Himmelsspektakel

Zu sehen dürfte der Absturz mit großer Wahrscheinlichkeit nicht sein, die Trümmerteile dürften unbemerkt niedergehen. Ähnlich war es auch beim Absturz des UARS Ende September gewesen. Damals ließ sich nur vermuten, dass Trümmer - wenn - irgendwo über Kanada niedergegangen sein könnten. Das Absturztempo von ROSAT dürfte nach dem Eintritt in die Atmosphäre rund 400 Stundenkilometer betragen.

Das US-Weltraum-Überwachungssystem SSN (Space Surveillance Network der US-Airforce, Anm.) will dem DLR den Absturzort nach dem Ereignis schnellstmöglich mitteilen. Für - unwahrscheinliche - Schäden haftet Deutschland. Flugraumsperren oder ähnliche Maßnahmen halten Experten aufgrund des geringen Risikos von Kollisionen für nicht notwendig.

Müllplatz Weltraum

Derzeit schweben rund 16.000 Objekte durch den Orbit, nur rund 900 davon sind aktive Satelliten, der Rest Weltraummüll. 2010 kam es zu 400 Wiedereintritten in die Atmosphäre, das Gesamtvolumen des Materials betrug rund 60 Tonnen.

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