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Neue Königin als Eisbrecherin

Nicht nur einmal, sondern gleich dreimal, hat der König von Bhutan seine frisch vermählte Frau vor den Augen seines Volkes geküsst - und das sogar auf Zuruf einer Masse von 30.000 Menschen in einem Stadion. In Bhutan war diese Geste nicht nur ein Zeichen der Liebe unter Frischvermählten, sondern ein hochpolitischer Akt.

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Der 31-jährige Monarch Jigme Khesar Namgyel Wangchuck sei am Samstag Hand in Hand mit Jetsun Pema in ein Stadion in der Hauptstadt Thimphu gekommen und habe die mehr als 30.000 wartenden Menschen gefragt, ob er seine Braut küssen solle, berichtete die „Times of India“ am Sonntag. Nach der stürmischen Antwort küsste der König seine 21 Jahre alte Jugendliebe dreimal hintereinander.

Hochzeit soll Mut auf Modernes machen

Der König nutzte die dreitägigen Hochzeitsfeiern offensiv, um die Bevölkerung für sein Reformerimage einzunehmen. Allein die Tatsache, dass Bhutans neue Königin aus bürgerlichem Haus kommt, wäre noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen. Dass der König derart menschlich und volksnah agiert, und dass die Bevölkerung das alles im TV mitansehen darf, ebenso.

Das königliche Hochzeitspaar von Bhutan

AP/Kevin Frayer

Das königliche Hochzeitspaar

Der 2008 gekrönte „Drachenkönig“ ist beim Volk zwar äußerst beliebt, dennoch lastet der Schatten seines Vaters noch schwer auf dem Land. Bis zum Amtsantritt von Jigme Khesar Wangchuck war das Land in absoluter Isolation und Modernisierungsverweigerung gehalten worden. Auch heute noch gibt es unter Bhutans Bevölkerung große Ängste, mit den Anforderungen einer modernen Gesellschaft nicht mithalten zu können.

Hofastrologen bestimmten Hochzeitsdatum

Gerade die junge Königin, Studentin und Tochter eines Piloten, dürfte jedoch die Ängstlichen und Skeptiker überzeugt haben. In höchsten Tönen wird ihre Schönheit und Bescheidenheit gelobt. Die eigentliche Hochzeit hatte bereits am Donnerstag in einer farbenprächtigen rund zweistündigen buddhistischen Zeremonie vor 1.500 geladenen Gästen in der Klosterfestung Punakha stattgefunden. Der mittelalterliche „Palast des großen Glücks“ liegt rund 70 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Thimphu.

Den Zeitpunkt der Trauung hatten königliche Astrologen festgelegt. Um genau 8.20 Uhr Ortszeit (4.20 Uhr MESZ) begann die traditionelle Zeremonie mit Gebeten buddhistischer Mönche. Unter dem Klang von Zimbeln wurde das in goldfarbene Gewänder gehüllte Paar anschließend ins feierlich geschmückte Innere der Festung geleitet. Dort kniete die sichtlich nervöse Braut dreimal vor ihrem Auserwählten nieder. Der König setzte ihr dann eine Krone aus Brokat aufs Haupt und krönte sie damit offiziell zur Königin von Bhutan.

Gewaltmarsch im Dienst der Tradition

Auch das akkurate Achten auf Traditionen und Rituale kann als „PR-Maßnahme“ interpretiert werden, mit der der König konservative Skeptiker überzeugen will. Privat hat es Jigme Khesar Wangchuck lieber westlich: Er studierte im englischen Oxford, spielt Basketball - eine Leidenschaft, die er mit der neuen Königin teilt - und gilt als leidenschaftlicher Mountainbiker und Elvis-Fan.

Wiederum der Tradition geschuldet war allerdings das Freitagsprogramm des königlichen Paares. Am Freitag kehrten die Frischvermählten größtenteils zu Fuß in das mehr als 70 Kilometer entfernte Thimphu zurück. Tausende Menschen säumten die Straßen und gratulierten den Frischvermählten. Am Samstag fanden die Feierlichkeiten in dem 700.000-Einwohner-Land schließlich mit den öffentlichen Küssen ihren Abschluss.

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