„Bestes Bemühen signalisiert“
Nachdem die Arbeitgeber als Reaktion auf den ersten Vollstreik der Metallarbeiter seit 25 Jahren zunächst auf stur geschaltet hatten, gibt es nun doch wieder Bewegung im Tauziehen um den Kollektivvertrag: Hatte die Industrie zunächst noch Samstagvormittag Appelle der Gewerkschaften, am Wochenende neue Gespräche aufzunehmen, schroff zurückgewiesen, ist nun doch wieder alles anders.
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Nach einem Spitzengespräch der Sozialpartner mit ÖGB-Präsident Erich Foglar und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am Samstagabend einigten sich die Verhandler der Arbeitgeber - Christoph Hinteregger und Alfred Hintringer - und ihre gewerkschaftlichen Gegenparts, Rainer Wimmer und Karl Proyer, nämlich darauf, noch am Sonntag „Sondierungsgespräche“ aufzunehmen, wie es in einer Aussendung der Wirtschaftskammer hieß.
„So rasch wie möglich akzeptables Ergebnis“
Auf Wunsch der Sozialpartner würden neue Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel, Lösungsansätze zur Bereinigung des Konflikts auszuloten. „Grundsätzliches Ziel ist, so rasch wie möglich für beide Seiten zu einem akzeptablen Ergebnis zu kommen“, hieß es in der Aussendung. „Damit soll ohne Zeitverzögerung und ohne weitere Verunsicherung eine konkrete Lösung bewerkstelligt werden. Es wurde allseits bestes Bemühen signalisiert, sodass Hoffnung besteht, die aktuelle Konfliktsituation zu lösen.“ Die Gesprächsrunde wurde für Sonntagnachmittag angesetzt.
Tatsächlich drängt die Zeit: Denn ab Montag könnten - laut Betriebsratsbeschlüssen - in mehreren Unternehmen die Belegschaften in unbefristete Streiks treten, sollte es vorher keine Bewegung an der Verhandlungsfront geben. Entsprechend oft war daher schon am Freitag der Appell an die Arbeitergeberseite zu vernehmen, noch am Wochenende wieder in Verhandlungen einzutreten - was diese aber glatt ablehnte - wohl auch im Sinn einer „Retourkutsche“ für die Warnstreiks. Man lasse sich nicht durch Streiks an den Verhandlungstisch zurückzwingen, hieß es.
Mitterlehner warnt vor negativen Folgen
Für Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hätte die Situation gar nicht so weit eskalieren müssen, wie er am Samstag sinngemäß im Ö1-Radio sagte. Er sagt, dass „das Mittel Streik zu früh ergriffen worden ist, und dass man mit diesem Instrument sehr sorgsam umgehen sollte“. Mitterlehner warnte überdies - unter Verweis auf die zuletzt wieder eingetrübten Konjunkturprognosen - vor einer zu großzügigen Erhöhung der Branchengehälter.
Er könne die Forderungen der Gewerkschaft zwar verstehen, aber auch die Argumentation der Arbeitgeber: „Ich möchte die Zahlen nicht bewerten, aber die Tendenz, dass 5,5 Prozent die Industrie gefährden, ist natürlich zutreffend. Wir haben jetzt eine recht gute Produktivität erreicht, sind an dritter Stelle in Europa und müssen aufpassen, dass wir hier nicht hausgemachte Ursachen setzen und an Produktivität verlieren.“ Die Streiks könnten sich laut Mitterlehner am Ende auch als Nachteil für den Wirtschaftsstandort Österreich herausstellen - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Gewerkschaft: Kaufkraft erhalten
Als zuständiger Wirtschaftsminister müsse Mitterlehner angesichts der alarmierend hohen Teuerungsrate ein großes Interesse an einer Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Beschäftigten haben, lautete die Replik von Wolfgang Katzian - Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp). „Er soll seinen Einfluss geltend machen, dass die Arbeitgeber einem wirtschaftlich vernünftigen Lohn- und Gehaltsabschluss zustimmen“, hieß es in einer Aussendung Samstagnachmittag.
In den Konflikt einmischen will sich Mitterlehner nicht, er forderte allerdings die beiden Parteien auf, möglichst rasch an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um baldigst eine „beiderseits akzeptable Problemlösung“ zu finden.
Ton merklich verschärft
Am Freitag hatte sich der Ton zwischen beiden Verhandlerseiten merklich verschärft. Um der Gewerkschaftsforderung nach einem deutlichen Gehaltsplus Nachdruck zu verleihen wurden landesweit rund 200 Betriebe bestreikt.
Die Metallergewerkschaft PRO-GE warf der Arbeitgeberseite außerdem in einer Aussendung „peinliche Einschüchterungsversuche der Arbeitgeber“ vor. „Es wird vorgegaukelt, über die Rechtslage bei einem Streik zu informieren. Tatsächlich werden die Beschäftigten aber mit der Abmeldung von der Gebietskrankenkasse, mit Verlust des Anspruches der Arbeitslosenunterstützung und dem Verlust des Arbeitsplatzes bedroht“, beschwerte sich die PRO-GE. Sie forderte die Arbeitgeberseite auf, diese „niveaulosen Einschüchterungsversuche“ einzustellen. Und sie stellte klar: „Streiks stellen niemals einen Kündigungs- oder Entlassungsgrund dar.“
Forderung nach 5,5 Prozent mehr Lohn
Streiken sei ein von der Verfassung garantiertes Recht und könne kein Kündigungsgrund sein. Auch zu Schadenersatz könne niemand verpflichtet werden. Richtig sei jedoch, dass aufgrund der Teilnahme am Streik kein Entgeltanspruch besteht - deshalb gebe es für Gewerkschaftsmitglieder auch die Streikunterstützung. Eine der Forderungen sei zudem, dass alle Streikstunden von den Unternehmen auch bezahlt werden.
Die Metaller fordern 5,5 Prozent mehr Lohn, das Angebot der Unternehmer lag zuletzt bei 3,65 Prozent plus 200 Euro Einmalzahlung. Nach Rechnung der Gewerkschaft brächte das inflationsbereinigt nur 40 Euro netto. Der Mindestlohn der Metaller liegt derzeit bei 1.515 Euro brutto.
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