Gespannte Ruhe und rege Spekulationen
Palle Einarsson ist in den Medien so etwas wie das isländische Vulkanorakel geworden. Seit er gegenüber der Associated Press (AP) gestand, der große isländische Vulkan Katla zeige „definitiv Anzeichen von Unruhe“, geht wieder die „Eyjafjallajökullitis“ durch die Medien: Dem Flugverkehr drohe eine noch größere Aschewolke als jene im Frühling 2010.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In Zeiten von Twitter und Facebook-Shares können auch vorsichtige Aussagen von Vulkanologen so gehandelt und hochstilisiert werden wie die Andeutungen von Notenbankern zum Leitzins.

Public Domain
Als es über Island finster wurde: Der Ausbruch des Katla 1918
Weil am 12. Oktober 1918 der große isländische Vulkan Katla eruptiert ist und eine ungeschriebene Regel in Island besagt, dass der Katla zweimal alle hundert Jahre groß ausbricht, rechnet man in Island mit einem nächsten großen vulkanologischen Ereignis. Viele Anrufe seien zuletzt im Isländischen Meteorologischen Institut, an dem auch Vulkanexperten sitzen, eingelangt, berichtete etwa der an diesem Institut arbeitende Geophysiker Einar Kjartansson.
Die Anzeichen der Unruhe
Ein Korrespondent der AP fragte jedenfalls beim Chefexperten unter den isländischen Vulkanforschern, Pall Einarsson, nach, wie es ob der beunruhigten Bevölkerung mit dem Vulkan Katla aussieht. Und Einnarssons Satz, der Vulkan zeige „definitiv Anzeichen von Unruhe“, hat es nicht nur zum zwischenzeitlich meistgelesenen Bericht im „Guardian“ (Onlineausgabe) geschafft - der Bericht verbreitete sich auch über Netzwerke wie Facebook.
„Wer dachte, dass die Lahmlegung der Flugpläne durch den Vulkanausbruch auf Island im Vorjahr schlimm war, der sollte sich schon einmal auf die Fortsetzung einstellen“, orakelte schließlich der „Guardian“.

Google Maps
Der Katla: deutlich mächtiger als der Eyjafjallajökull
300-Seelen-Ort müsste evakuiert werden
Auf Island selbst macht man sich ob der Flugpläne weniger Sorgen. Entscheidend wäre im Fall eines Ausbruchs des Katla die Evakuierung des nahegelegenen 300-Einwohner-Ortes Vik. Seismologen und Geologen der Universität von Island verfolgen den Anstieg der seismischen Aktivität und arbeiten mit Katastrophenschützern zusammen, mit denen man Evakuierungspläne aufgestellt und Notunterkünfte vorbereitet hat. Zu befürchten steht freilich, dass im Fall einer Eruption nicht einmal eine Stunde Zeit bleibt, um die Menschen in Sicherheit zu bringen.
In der Regel bricht der Katla zweimal im Jahrhundert größer aus. Der letzte Ausbruch war am 12. Oktober 1918, vor ziemlich genau 93 Jahren. Ein Ausbruch wäre längst fällig. Der Ausbruch des Eyjafjallajökull im Frühjahr 2010 war nur ein kleiner Ausbruch, so Einarsson gegenüber der AP. Der Katla sei ein ganz anderes Kaliber. Seine Magmakammer ist größer als die des Eyjafjallajökull.

Rémih unter cc by-sa
Der Magmasee unter dem Katla ist deutlich größer als der unter dem Eyjafjallajökull
Der letzte große Ausbruch des Katla 1918 dauerte über einen Monat. Er verdunkelte den Himmel, nahm den Pflanzen das Licht und vielen Tieren das Leben. Teile der Gletscherkappe, die Katla bedeckt, schmolzen. Gewaltige Wassermassen stürzten deshalb die Hänge hinab und überschwemmten ganze Landstriche.
Serie kleiner Erdbeben
Seismologen registrierten derzeit gehäuft kleine Erdbeben in der Umgebung des Vulkans. Das könnte auf einen bevorstehenden Ausbruch hindeuten. Diese Beben nehmen an Stärke zu: Nach einer längeren Phase der Stärke drei wurde vergangene Woche ein Beben der Stärke vier gemessen worden.
Ob ein Ausbruch eine derart massive Beeinträchtigung des Flugverkehres mit sich brächte, wagt im Moment niemand zu prognostizieren. Der Ausbruch des Eyjafjallajökull verursachte einen Schaden von zwei Milliarden Dollar aufseiten der Airlines. Für Wochen waren bestimmte Flugverbindungen nicht benutzbar. Und viele saßen, ob beruflich oder privat, länger an fernen Orten fest - und waren mit unkalkulierbaren Kosten konfrontiert.
Links: