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Streit über Agrarpolitik zu erwarten

Österreichs Bauern dürfen über nur geringe geplante Kürzungen bei den Direktzahlungen aus Brüssel vorerst erleichtert sein. Nach den von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos Mitte Oktober präsentierten Vorschlägen sollen die Förderungen von 707,5 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 705,5 Millionen Euro für 2019/20 zurückgehen.

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Noch keine konkreten Zahlen gibt es hingegen für das Förderprogramm der Ländlichen Entwicklung (Umwelt- und Bergbauernprogramm), hierzulande mit jährlich 1,2 Milliarden Euro zur Hälfte von der EU und Österreich kofinanziert. Bei der Vergabe der Fördermittel für die ländliche Entwicklung ab 2014 ist aber noch alles offen, so Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Österreich könne etwa durch die Neufestlegung der „sonstigen benachteiligten Gebiete“ Agrarförderungen verlieren.

Folgende drei Optionen seien derzeit im Gespräch: eine „Tunnellösung“ mit einer maximalen Kürzung oder Erhöhung von zehn Prozent. Außerdem die Vergabe der Förderungen nach neuen und alten Kriterien zu jeweils 50 Prozent oder die Zuteilung nach völlig neuen Gesichtspunkten. Positiv an den Gesetzesvorschlägen sei, dass die Agrarpolitik umweltgerechter werde, aber in einer „viel zu bürokratischen Form“. Außerdem verschweige die EU, dass die Finanzierung für den nächsten Haushalt noch nicht gesichert sei.

Direktzahlungen unter ökologischen Kriterien

In Österreich könne es zudem durch die Umstellung von einem historischen Modell zu einem Regionalmodell bei den Direktzahlungen zu deutlichen Verschiebungen innerhalb Österreichs kommen, so der Landwirtschaftsminister.

Die Kommission will die Direktzahlungen in Zukunft stärker an ökologische Kriterien knüpfen. „Die derzeitigen Direktzahlungen haben ihre Effizienz verloren“, sagte Ciolos. Nach dem Gesetzesvorschlag sollen 30 Prozent der Förderungen von drei Umweltkriterien abhängen: Felderwirtschaft mit drei Pflanzen, Flächenstilllegung im Umfang von sieben Prozent und Erhalt von Dauergrünland. Österreich hat diese Maßnahmen bisher im Rahmen der ländlichen Entwicklung gefördert und muss nun sein Förderprogramm umgestalten.

Umverteilung im Osten geringer

Die angekündigte Umverteilung der Agrargelder von West- nach Osteuropa soll aber geringer als erwartet ausfallen. Politisch sei nicht mehr machbar gewesen, sagte der Agrarkomissar. Einzig für Rumänien und Lettland werden die Direktzahlungen zwischen 2014 und 2020 um mehr als ein Drittel steigen. Für die anderen Länder ändert sich voraussichtlich wenig.

Nach dem Kommissionsvorschlag sollen Länder in der Periode 2014 bis 2020, die derzeit unter 90 Prozent des EU-Schnitts liegen, eine höhere Förderung bekommen. Staaten, die deutlich über dem Schnitt liegen, sollen hingegen die Hektarprämien gekürzt werden. Wenn ein Mitgliedsstaat zum Beispiel eine Hektarprämie erhält, die unter 75 Prozent des EU-Schnitts liegt, dann werde die Förderung stufenweise bis 2020 auf 80 Prozent erhöht, schreibt die Kommission in einem Memo.

Begrenzung stufenweise

Außerdem will Ciolos Direktzahlungen ab 150.000 Euro stufenweise begrenzen. Die darüber hinausgehende Förderung soll um 20 Prozent gekürzt werden, jene über 200.000 Euro um 40 Prozent und Direktzahlungen über 250.000 Euro um 70 Prozent. Mehr als 300.000 Euro an Direktzahlungen wird es mit dem Vorschlag nicht mehr geben. Personalkosten dürfen aber davor abgezogen werden.

Deutschland und andere Länder sprachen sich in der Vergangenheit aber vehement gegen eine Förderobergrenze aus. „Aus österreichischer Sicht sind die Obergrenzen zu begrüßen“, betonte die ÖVP-Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger. Hierzulande sind aber nur 17 Agrarbetriebe von der geplanten Deckelung betroffen.

Verhaltene Reaktion der Agrarminister

Bei einem gemeinsamen Treffen nahmen die EU-Agrarminister die Reformvorschläge verhalten auf. Kritik kam vor allem aus Deutschland, Frankreich, Spanien und aus den osteuropäischen Ländern. Das mehrere hundert Seiten umfassende Reformpapier sei eine gute Diskussionsgrundlage, Kritik blieb aber: „Wir erkennen nicht, dass hier ein Bürokratieabbau, sondern tendenziell eher ein Bürokratieaufbau stattfindet“, sagte etwa die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner. „Im Prinzip sagen wir ja, aber noch nicht zu diesen Bedingungen“, ergänzte ihr Kollege aus Frankreich, Bruno Le Maire.

Unterstützung für Jungbauern

Verstärkt will sich die Kommission auch um die Jungbauern kümmern: Derzeit sind zwei Drittel der Landwirte älter als 55 Jahre und nur sieben Prozent unter 40 Jahre. Ciolos will die Jungbauern in den ersten fünf Jahren mit einer Starthilfe in der Höhe von 70.000 Euro unterstützen. Es sei „höchste Zeit, etwas zu tun“, so der Agrarkommissar.

Bei den Verhandlungen über den EU-Haushalt, die bis Ende 2012 abgeschlossen werden sollen, ist mit Streit über die Agrarpolitik zu rechnen. Großbritannien und Schweden wollen die Agrarförderungen für die Bauern stark kürzen. Die beiden größten Agrarländer Deutschland und Frankreich wollen hingegen einen Rückgang der Subventionen verhindern.

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