Stärkere Beteiligung an Hilfspaket?
Die Euro-Länder geraten beim Kampf gegen die Schuldenkrise in der Währungsunion immer mehr ins Schleudern. Der Rettungsplan für Griechenland muss nach neuen Hiobsbotschaften über Schulden und Wirtschaftseinbruch neu aufgezogen werden. Die Euro-Finanzminister verschoben die Auszahlung der nächsten Kredittranche weiter auf November. Mittlerweile macht die Furcht vor einer Bankenkrise die Runde.
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Denn beim anschließenden zweiten Hilfspaket sollen die Banken nach Andeutung von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker stärker zur Kassa gebeten werden. Die Verstärkung des Rettungsfonds EFSF nimmt zwar bald alle parlamentarischen Hürden, doch über die Einzelheiten streiten die Finanzminister weiter.
Ansteckungsgefahr als „Damoklesschwert“
„Niemand kann sagen, wie hoch die Ansteckungsgefahr“ durch die Schuldensituation in Griechenland sei, sagte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) am Dienstag in Luxemburg. Nach dem EU-Finanzministerrat erklärte Fekter auf die Frage, wie lange die sechste Hilfstranche für Athen noch verschoben werden könne, ohne dass Griechenland zahlungsunfähig werde, dieses Thema sei „natürlich intensiv diskutiert“ worden. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos habe erklärt, es müsse spätestens in der zweiten Novemberwoche die Rate von acht Milliarden Euro nach Athen gehen.
Bis dahin werde sich Griechenland anstrengen, um die Auflagen von IWF, EZB und Kommission zu erfüllen. Sollte die Troika weiterhin keine Empfehlung für die Auszahlung abgeben, dann werde es „ausgesprochen schwierig. Niemand kann sagen, wie hoch die Ansteckungsgefahr ist, die da als Damoklesschwert im Raum hängt. Weil Ihnen niemand sagen kann, ob das ärger wie Lehman Brothers wird oder weniger arg. Deshalb sind alle politisch Verantwortlichen bemüht, es zu vermeiden. Ich will nicht austesten, ob es so arg ist wie Lehman“, sagte Fekter.
Französisch-belgische Bank mit Problemen
Der Griechenland-Krise fällt nun als erste Bank die französisch-belgische Bank Dexia zum Opfer. Das von der Finanz- und Schuldenkrise schwer gebeutelte Geldhaus steht möglicherweise kurz vor der Zerschlagung. Die französische Staatsbank CDC und die französische Postbank bereiten nach übereinstimmenden Medienberichten eine Übernahme des Kommunalfinanzierungsgeschäfts vor. Der Dexia-Verwaltungsrat hatte in der Nacht zuvor eine Krisensitzung abgehalten. Das Gremium forderte Vorstandschef Pierre Mariani darin zu einer Umstrukturierung auf. Altlasten würden zunehmend zu einer Bürde für das operative Geschäft, hieß es.
Die Aktien des mehrheitlich französisch-belgischen Finanzinstituts mit rund 35.000 Mitarbeitern brachen am Dienstag zeitweise um knapp 40 Prozent ein. Die Regierungen in Brüssel und Paris versuchten, die Anleger an den Börsen zu beruhigen.
Banken stärker zur Kassa bitten?
Während Frankreich und Belgien dem Institut mit Staatsgarantien erneut zur Hilfe eilen wollen, sind andere Euro-Länder nach den Worten Fekters gegen erneute Staatshilfe für Banken auf Kosten der Steuerzahler.
Die Euro-Gruppe prüft jedenfalls nach den Worten des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) eine größere Beteiligung der Banken an dem zweiten Hilfspaket für Griechenland. „Natürlich wird darüber geredet“, sagte Schäuble nach Beratungen. Es werde geprüft, ob die bei der Vereinbarung des Pakets im Juli angenommen Voraussetzungen noch gegeben sind. Sei dies nicht der Fall, könne es sein, „dass wir es anpassen müssen“.
Deutschland dringt zudem auf Vorkehrungen in allen Euro-Ländern zur Abwehr einer neuen Bankenkrise. Es sei vereinbart worden, dass alle Finanzminister bis zur nächsten Sitzung über die Lage ihrer Banken und ihre Abwehrmaßnahmen gegen Krisen berichten sollen.
Bankenverband gegen mehr Beteiligung
Der Welt-Bankenverband IIF stemmt sich freilich gegen eine weitergehende Beteiligung privater Gläubiger an dem neuen Hilfspaket für Griechenland. Die Institute hielten an der Vereinbarung vom 21. Juli fest, die eine substanzielle Erleichterung für den Euro-Staat vorsehe, sagte ein IIF-Sprecher am Dienstag. Der Verband mache bei der Umsetzung Fortschritte. Die Banken hatten damals mit den europäischen Regierungen vereinbart, dass sie sich über den Rückkauf und den Tausch griechischer Anleihen an dem mehr als 100 Milliarden Euro schweren Hilfspaket für das hoch verschuldete Land beteiligen. Das geht mit 21-prozentigen Belastungen in den Büchern der Institute einher.
Griechenland erreicht Sparziele nicht
Griechenland wird trotz zusätzlicher Schritte nach den jüngsten Daten aus Athen sein Sparziel in diesem und im kommenden Jahr nicht erreichen. Mit einem Defizit von 8,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verpasst die Regierung die Marke, die sie zur Auszahlung von Hilfskrediten schaffen soll, um fast einen Prozentpunkt. Doch muss diese Lücke jetzt nur zum Teil geschlossen werden, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte. Da binnen weniger Monate das Loch nicht zu stopfen ist, soll die Neuverschuldung von 2011 und 2012 zusammen betrachtet werden und im kommenden Jahr stärker gespart werden.
Die Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) braucht noch bis Ende Oktober für ihr Urteil, ob sich Griechenland an die Auflagen hält und seine Schulden dauerhaft tragfähig sind. Erst auf Basis ihrer Berichte können die Euro-Finanzminister über die nächste Kredittranche von acht Milliarden Euro entscheiden. Juncker sagte die bisher am 13. Oktober geplante Sitzung dafür ab, gab sich aber zuversichtlich: „Ich bin optimistisch, dass es zur Auszahlung kommt.“
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