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Belgien und Frankreich im Fokus

Angesichts der Zweifel an der Zahlungsfähigkeit Griechenlands beurteilen Investoren auch die Bonität anderer Euro-Länder zunehmend skeptisch. Kreditausfallversicherungen europäischer Länder verteuerten sich am Dienstag weiter. Deutsche „Credit Default Swaps“ (CDS) stiegen den zweiten Tag in Folge auf ein Rekordhoch.

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Besonders stark zogen angesichts des starken Griechenland-Engagements des französisch-belgischen Geldinstituts Dexia die Kosten zur Absicherung gegen einen Zahlungsausfall Frankreichs und Belgiens an. Fünfjährige Kreditausfallversicherungen (CDS) auf zehnjährige französische Anleihen verteuerten sich nach Angaben des Datenanbieters Markit um neun auf 198 Basispunkte. Das bedeutet, dass es 198.000 Euro kostet, Schulden der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone in Höhe von zehn Mio. Euro abzusichern. Belgische CDS legten demnach um 14 auf 286 Basispunkte zu.

„Trägt immer mehr Risiken“

Aber auch die Kreditwürdigkeit Deutschlands wird von Investoren zunehmend kritisch gesehen. Die CDS auf zehnjährige Bundesanleihen verteuerten sich um fünf Basispunkte auf ein Rekordhoch von 121 Basispunkten. „Es sieht so aus, als trage Deutschland immer mehr die von den Peripherieländern ausgehenden Risiken“, sagte Volkswirtin Jennifer McKeown von Capital Economics. „Selbst wenn diese Volkswirtschaften keine neuen Rettungspakete brauchen sollten: Die deutschen Banken sind dort stark engagiert und sind von daher ohnehin gefährdet.“

Die deutschen Institute sind nach den französischen am zweitstärksten in griechische und italienische Anleihen investiert. Mit einem Volumen von 177,9 Mrd. Dollar (133,5 Mrd. Euro) halten sie zudem die meisten spanischen Anleihen, wie Daten der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) per Ende März zeigen. „Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Deutschland eine ordentliche Last bei der Stützung der Euro-Zone zu tragen hat“, sagte Analyst Gavan Nolan von Markit.

Börsen im Minus

Die europäischen Börsen waren am Dienstag den zweiten Tag in Folge im Minus. Insbesondere Banktitel mussten deutliche Abschläge hinnehmen, allen voran die in Turbulenzen geratene französisch-belgische Bank Dexia und die Deutsche Bank, die eine Gewinnwarnung herausgab.

Experte: EFSF reicht nicht

Unterdessen reicht nach Ansicht des Leiters des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, der Rettungsschirm EFSF nicht aus, um eine Eskalation der Schuldenkrise zu verhindern. Um ein Übergreifen der Griechenland-Krise auf Italien oder Spanien zu verhindern, müsste die Schlagkraft des Fonds in etwa verdreifacht werden, so Fichtner gegenüber der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX.

Allerdings solle die Aufstockung nicht über einen „Kredithebel“ („Leverage“) erfolgen. Damit würden neue Risiken eingegangen, intransparente Strukturen entstehen und die Zuständigkeiten zwischen EFSF und Europäischer Zentralbank (EZB) verwischt, sagte Fichtner. Aktuell diskutieren die EU-Finanzminister, die EFSF-Summe von 440 Mrd. Euro mit Hilfe eines „Kredithebels“ zu erhöhen: So könnte der Rettungsschirm mit einer Banklizenz ausgestattet werden, um sich beispielsweise bei der EZB refinanzieren zu können. Dadurch würde der EFSF-Finanzierungsrahmen auf ein Vielfaches der staatlichen Garantiesumme steigen.

Fichtner: Rascher Schuldenschnitt

In der Griechenland-Frage plädiert Fichtner für einen Schuldenschnitt um 50 Prozent, der möglichst schnell erfolgen solle. „Je länger es dauert, desto mehr wandern die Ausfallrisiken vom privaten in den öffentlichen Sektor.“ Dass das hoch verschuldete Euro-Land nicht in der Lage sei, seinen Schuldenberg aus eigener Kraft abzubauen, sei „eine Frage simpler Mathematik“. So benötige Athen allein für seinen Schuldendienst sehr hohe Haushaltsüberschüsse, die derzeit bei weitem nicht in Sicht seien.

Die Auswirkungen eines Schuldenschnitts auf den Interbankenmarkt seien derzeit zwar schwer abzuschätzen. Allerdings spreche viel dafür, dass sich die Institute bereits überwiegend für einen Teilzahlungsausfall Griechenlands abgesichert hätten.

Ängste vor Eskalation „übertrieben“

Grundsätzlich seien die Ängste einer Eskalation der Schuldenkrise übertrieben, so Fichtner. So sei eine Pleite Griechenlands nicht mit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 zu vergleichen. Zudem würden Investoren zwar mit einem hohen Ausfallrisiko für Griechenland-Anleihen kalkulieren. Für Spanien und Italien sei das aber nicht zu erkennen. „Die Märkte scheinen gelernt zu haben, zwischen den einzelnen Euro-Ländern zu differenzieren“, sagte Fichtner.

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