Medienfokus liegt auf Tätern
Der Mordfall Meredith Kercher ist eines der aufsehenerregendsten Verbrechen der letzten Jahre, Ermittlungen und Prozess sind zu einem internationalen Medienereignis geworden. Die Hauptverdächtige Amanda Knox wurde als „Engel mit den Eisaugen“ zu einer Berühmtheit - doch das Opfer habe man fast vollkommen vergessen, meinte die Schwester der ermordeten Britin.
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Seit dem Tod von Kercher 2007 trat die Familie des Opfers nicht sehr oft vor die Presse. Immer wieder bat sie darum, in Ruhe um den Verlust der jungen Frau trauern zu dürfen. In einem TV-Interview mit dem italienischen Sender RAI kritisierten Mutter Arline und Schwester Stephanie Kercher, dass sich die Berichterstattung einzig und allein um Knox, ihr Aussehen und ihre Kleidung drehe.

AP/Angelo Carconi
Meredith Kerchers Schwester Stephanie und ihre Mutter Arline reisten zur Urteilsverkündung nach Perugia
Familie beklagt Interesse an Knox
„Man sieht keine Bilder von Meredith in den Zeitungen oder im Fernsehen, alle berichten über Amanda und Raffaele (Sollecito, Ex-Freund von Knox und ebenfalls in erster Instanz verurteilt, Anm.), der Fokus ist ganz auf sie gerichtet“, sagte Stephanie Kercher. „Das Opfer gerät in Vergessenheit.“ Ihre Schwester sei eine liebenswerte, intelligente Person gewesen, die in ihrer Wohnung heimtückisch ermordet wurde. Ihre Tochter habe die Täter gut gekannt, sie habe ihnen vertraut, ergänzte Arline Kercher, die wie ihr Mann und ihre Kinder von der Schuld Knox’ und Sollecitos überzeugt ist.
Ähnlich äußerte sich auch Natalie Hayward, eine Freundin Kerchers. „Ich will, dass sich die Menschen auch an die guten Zeiten Merediths erinnern, nicht nur an ihr schreckliches Ende“, sagte sie gegenüber CNN. „Sie war großzügig und offen und hatte ein großes Herz. Sie war glücklich und hat ständig von ihrer Familie erzählt.“
Das Zusammenleben von Knox und Kercher bezeichnete Hayward als kompliziert. Schon bald nachdem sie in die gemeinsame Wohnung gezogen seien, habe es Spannungen gegeben. Kercher sei unglücklich darüber gewesen, dass Knox nicht geputzt habe und im Badezimmer Sexspielzeug offen herumliegen lassen habe.
Heiß ersehntes Erasmus-Jahr in Perugia
Kercher studierte drei Jahre lang Politikwissenschaften an der Universität Leeds in Großbritannien, bevor sie im Rahmen des Erasmus-Austauschprogramms für ein Jahr nach Perugia zog. Neben ihrem Studium arbeitete sie auf dem Flughafen Gatwick, um sich das Auslandsjahr leisten zu können. „Sie hat so hart darum gekämpft“, erzählte ihr Vater John Kercher dem „Daily Telegraph“. „Sie hat viele Rückschläge einstecken müssen und hat es doch geschafft.“
Die Familie werde den Verlust der lebensfrohen Studentin nie überwinden, sagte Stephanie Kercher. „Wir sind diejenigen, die eine lebenslange Strafe bekommen haben. Wir müssen mit dem, was passiert ist, für den Rest unseres Lebens leben. Man sagt, Zeit heilt die Wunden, aber das tut sie nicht.“
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