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Bling-Bling statt Ring-Ring

Während Nokia den Stellenabbau von 7.500 Beschäftigten weltweit angekündigt hat, hat sich die Mitarbeiterzahl am Vertu-Sitz in Großbritannien laut der Nachrichtenagentur Bloomberg seit 2009 mehr als verdoppelt. Die selbstständig agierende Nokia-Luxussparte hat in den letzten zehn Jahren über 300.000 der glitzernden Edelhandys verkauft, bei Preisen zwischen 5.000 und mehreren zehntausend Euro.

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Die Lifestyle-orientierte Käuferschicht scheint vor allem an Gold, Glitzer und Karatzahlen interessiert. So lesen sich auch die Produktbeschreibungen der Handys. Der „anspruchsvolle Weltbürger“ kann aus einer umfassenden Palette außergewöhnlicher Materialien für sein limitiertes Markenhandy wählen.

Von kratzsicherem Saphirglas, Karbonfaser und Titan über Tasten aus schwarzer Keramik oder nachtblauen Saphiren bis hin zu klassischem Diamantbesatz und besticktem Leder werden alle Luxusregister gezogen. Laut Hersteller soll ein massives Vertu-Handy sogar eine Überfahrt mit einem Hummer-Wagen unbeschädigt überleben.

Vertu-Handy, Modell Cobra

AP

310.000 Dollar teures Vertu Signature Cobra

Eigens komponierter Klassikklingelton

Jedes einzelne Schmuckstück wird von einem einzelnen Mitarbeiter der britischen Manufaktur von Hand gefertigt und kann anhand eines eingravierten Kürzels am Akku des Handys genau zugeordnet werden. Manch zufriedener Kunde wünscht sein neues Handy dann auch vom selben Erbauer wie sein altes.

Freilich hört man bei Vertu-Handys auch nicht den Nokia-Standardton bimmeln. Ein eigens komponierter Klingelton namens „Sandpiper“ wurde vom Londoner Symphonie Orchester mit Solos des Starquerflötisten Andrea Griminelli eingespielt.

Hotline erfüllt alle Wünsche

Ein weltweites Concierge-Service rundet das Luxuspaket ab. Etwa die Hälfte der Vertu-Kunden nutzt dieses Service regelmäßig. Auf Knopfdruck wird der Nutzer mit einem Mitarbeiter verbunden, der 24 Stunden täglich in neun Sprachen (inklusive Chinesisch, Russisch und Arabisch) darum bemüht ist, jeden Wunsch zu erfüllen.

Das geht von Reservierungen in Restaurants und Theatern bis zu exotischeren Wünschen wie dem Versand einer Schachtel lebender Schmetterlinge zum Jahrestag, berichtet Mark Izatt vom Concierge-Service gegenüber Bloomberg. Auch einem russischen Kunden konnte geholfen werden, als dessen Teenager-Tochter auf der mittelalterlichen Orgel der Kathedrale Notre-Dame de Paris spielen wollte. Das Concierge-Service ist im ersten Jahr gratis und kostet danach 3.000 Dollar jährlich.

Vertu-Store in Tokio

APA/EPA/Everett Kennedy Brown

Vertu-Store in Japan

Magere Technikausstattung

Technikverspieltheit und üppigen Funktionsumfang findet man bei Vertu allerdings nicht. Die Geräte erinnern mit ihrer mageren Ausstattung an längst vergangene Zeiten. Erst wenige Modelle sind mit einer zeitgemäßen Datenanbindung und Kamera ausgestattet, das erste Touchscreen-Gerät soll im Oktober auf den Markt kommen. Vertu-Handys laufen zudem noch immer auf dem veralteten Smartphone-System Symbian, das Nokia Anfang des Jahres verabschiedet hat und stattdessen auf Windows Phone von Microsoft setzt.

Vertus Ursprünge liegen im Jahr 1998, als Frank Nuovo, heutiger Chefdesigner bei Vertu, die erste Skizze für ein Luxushandy vorlegte. Gemeinsam mit Technologiepartner Nokia wurde Vertu als unabhängiges Tochterunternehmen gegründet. Das erste Vertu-Handy der Modellreihe Signature wurde schließlich 2002 der Öffentlichkeit präsentiert. Heute gibt es über 80 Vertu-Stores weltweit.

Trend zum Statussymbol hält an

Der Erfolg der Prunkhandys ist vor allem auf die steigende Nachfrage aus dem arabischen Raum, Russland und China zurückzuführen. Mit der Serviceoffensive konnte sich Vertu bisher erfolgreich von Mitbewerbern im Luxussegment wie Giorgio Armani, TAG Heuer, Versace und Porsche, die alle kürzlich eigene Smartphones auf den Markt gebracht haben, abheben. Und der Trend zum Statussymbol Handy hält an. Allein seit Anfang 2010 konnten die Verkaufszahlen im hohen zweistelligen Bereich wachsen, so Vertu-Chef Perry Oosting zu Bloomberg.

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