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USA: Europa muss Brandmauer errichten

Auf der IWF-Tagung in Washington mussten sich die Euro-Länder heftige Kritik gefallen lassen. Viele Staaten, gerade auch Schwellen- und Entwicklungsländer, warfen den Europäern vor, mit der Schuldenkrise andere Teile der Welt nach unten zu ziehen. Korrekturen am noch nicht einmal umgesetzten Rettungskonzept für Griechenland und andere hoch verschuldete Länder scheinen nun immer wahrscheinlicher.

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Der Forderung vieler Länder wie den USA und China, ihren Euro-Rettungsschirm EFSF massiv aufzustocken, wollen die Europäer zwar nicht nachkommen, doch sie wollen dem Fonds mit anderen Instrumenten mehr „Feuerkraft“ verleihen.

Aus eins mach fünf

In der Diskussion über das Hilfsinstrumentarium, das die Euro-Länder auf ihrem Gipfel am 21. Juli beschlossen hatten, steht derzeit der vorläufige Rettungsschirm EFSF im Vordergrund. Unter anderem die USA, China und Kanada fordern, sein Volumen für Kredithilfen von den geplanten 440 Milliarden Euro massiv auszuweiten. Das wollten die Europäer bisher nicht.

Allerdings werde man, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, nachdem die schon verabredete EFSF-Stärkung in allen Mitgliedsstaaten beschlossen sein werde, darüber sprechen, wie man möglichst viel aus dem Geld machen und eine „Hebelwirkung“ entfalten könne. „Wir suchen einen Mechanismus, wie wir aus einem Euro im EFSF fünf machen können“, beschrieb ein EU-Diplomat die Aufgabenstellung. Analysten äußerten sich positiv.

Hilfsmechanismus ESM könnte früher kommen

Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble öffnete am Rande der IWF-Tagung am Samstag die Tür für signifikante Änderungen an den bisherigen Plänen. Er kündigte an, dass noch einmal über die umstrittene Bankenbeteiligung am verabredeten zweiten Griechenland-Hilfspaket gesprochen werde. Vor dem Bankenverband IIF ließ er keinen Zweifel daran, dass er generell eine Beteiligung privater Gläubiger an Hilfspaketen für Krisenländer befürwortet. Es sei offensichtlich, dass sich die Voraussetzungen gegenüber Juli, als das zweite Hilfspaket verabredet wurde, geändert haben. Was das zur Folge habe, werde man besprechen.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und deutscher Finanzminister Wolfgang Schäuble

AP/Manuel Balce Ceneta

Schäuble (rechts) bei der IWF-Tagung in Washington, neben ihm Jens Weidmann, Präsident der deutschen Bundesbank

Änderungen deuten sich auch beim geplanten dauerhaften Hilfsmechanismus ESM an. Gegen ein Vorziehen des ESM, der eigentlich erst ab 2013 den Rettungsschirm EFSF ablösen sollte, habe Schäuble nichts einzuwenden: „Wenn der früher in Kraft gesetzt werden kann, dann hätten wir nichts dagegen.“ Der ESM könne als dauerhafte Einrichtung eine ganz andere vertrauensbildende und stabilisierende Wirkung entfalten als der EFSF.

USA frustriert über europäisches Krisenmanagement

Die USA forderten Europa erneut eindringlich zur Eindämmung der Schuldenkrise auf. „Die Belastungen von Staaten und Banken in Europa sind derzeit das ernstzunehmendste Risiko für die Weltwirtschaft“, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner laut Redetext am Samstag bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington. Die Europäer hätten zwar bereits „beeindruckende“ Maßnahmen ergriffen, die aber nicht ausreichten.

Die Euro-Staaten müssten eine „Brandmauer“ errichten, um eine Ausbreitung der Schuldenkrise zu stoppen, verlangte Geithner. Damit könne finanziell angeschlagenen Staaten wie Griechenland mehr Zeit gegeben werden, um „echte Reformen“ anzugehen und Haushaltsdisziplin unter Beweis zu stellen. Die europäischen Regierungen und die Europäische Zentralbank (EZB) müssten „unmissverständlichen Einsatz“ zeigen, damit die Schuldenprobleme einiger Euro-Staaten nicht zu einem „globalen Zusammenbruch“ führten.

Das Risiko einer „Kaskade von Zahlungsausfällen“ und „katastrophale Risiken“ müssten endlich „vom Tisch“, so Geithner, der sich frustriert über das Krisenmanagement der Europäer zeigte: „Die Entscheidungen, wie die Probleme der Region schlüssig anzugehen sind, können nicht warten, bis die Krise noch schlimmer wird.“

Griechenland will Euro-Zone nicht verlassen

Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos äußerte sich in Washington trotz massiver Zweifel an den Sanierungsbemühungen seines Landes zuversichtlich, dass es die benötigte nächste Milliardenzahlung aus dem ersten Hilfsprogramm bald bekommen werde. Er versicherte, Griechenland werde in der Euro-Zone bleiben und auch nicht pleitegehen.

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