Themenüberblick

Kein Plan, Insolvenz einzudämmen

Erst vor wenigen Tagen hat Deutschlands Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) eine geordnete Insolvenz Griechenlands nicht mehr ausgeschlossen und dafür herbe Kritik geerntet. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, die offen von der Möglichkeit einer Pleite sprechen - auch innerhalb von anerkannten Institutionen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Erstmals schloss etwa mit dem Niederländer Klaas Knot ein Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Insolvenz Griechenlands nicht mehr aus: „Das ist eines der Szenarien. Alle Anstrengungen sind darauf gerichtet, das zu vermeiden, aber ich bin nun weniger entschieden beim Ausschließen eines Konkurses, als ich das noch vor ein paar Monaten war.“

Knot erachtet auch eine Aufstockung des europäischen Rettungsschirms EFSF auf eine Billion Euro oder noch mehr als notwendig, sollte sich die Schuldenkrise verschärfen: „Es ist offensichtlich, dass wenn die Dinge in Griechenland schieflaufen, man einen größeren Schutz braucht als ihn der derzeitige Fonds anbieten kann“, sagte er gegenüber dem „NRC Handelsblad“.

„Schuldenschnitt unvermeidbar“

Der US-Ökonom Kenneth Rogoff hält einen Schuldenschnitt für nicht mehr vermeidbar. Athen werde seine Verpflichtungen nicht erfüllen können, sagte der Harvard-Professor gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“, Freitag-Ausgabe). „Die Gläubiger werden von einem Euro nominalen Schulden wahrscheinlich nur 30 oder 40 Cent wiedersehen, vielleicht noch weniger“, erwartet Rogoff. „Das ist unvermeidlich.“ Die Politik sei diesbezüglich aber noch zurückhaltend, weil es keinen Plan gebe, die Insolvenz einzudämmen. Ob Griechenland in der Euro-Zone bleibe, entscheide aber allein die Politik.

Gerüchte auch in Griechenland

Griechische Medien berichteten, dass selbst Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos erstmals über eine geordnete Umschuldung des Landes mit einem Schuldenschnitt von 50 Prozent gesprochen habe als ein mögliches Szenario unter mehreren. In der Zeitung „Ta Nea“ wird der Minister mit dem Satz zitiert: „Wir sollten aber nicht diejenigen sein, die das ins Gespräch bringen. Es ist gefährlich.“ Offiziell wurden diese Medienberichte dementiert. Die Regierung sicherte erneut zu, allen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nachzukommen und die Sparpolitik fortzusetzen.

Dafür müssen aber auch der Widerstand der eigenen Parteikollegen der sozialistischen Regierungspartei überwunden werden. Eine Abstimmung zur geplanten Sonder-Immobiliensteuer etwa musste wegen angeblicher Krankheit der Abgeordneten auf nächste Woche verschoben werden.

Nervosität bei Banken

Die verstärkten Pleitegerüchte wirkten sich auch an den Börsen aus, die am Freitag erneut Kursverluste hinnehmen mussten. Zudem stellen sich auch die Banken zunehmend auf Probleme wegen Griechenland ein. Die Deutsche Bank etwa rechnete, dass sich die Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen nicht nur auf die ausgehandelten 21 Prozent belaufen, sondern de facto auf 25 Prozent und mehr.

Das Ende Juli ausgehandelte Rettungspaket für Griechenland über rund 100 Milliarden Euro involviert erstmals auch private Gläubiger in die Griechenland-Rettung. Geplant ist, dass Banken und Versicherer ihre alten Griechenland-Bonds gegen neue mit längerer Laufzeit tauschen.

Links: