Späte Worte der Entschuldigung
Das Unternehmen Hugo Boss hat viele Höhen und Tiefen hinter sich. Momentan befindet man sich im Aufwind und kann laufend Erfolge vermelden. Aber vor rund 15 Jahren wurde ein Kapitel der Unternehmensgeschichte virulent, das man lieber unter Verschluss gehalten hätte: die Nazi-Vergangenheit. Im September 2011 ist dazu eine Studie veröffentlicht worden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Debatte begann dem Image zu schaden. Verschiedene internationale Medien, darunter das „profil“, nahmen sich Mitte bis Ende der 90er Jahre der dunklen Seite der Boss-Geschichte an. Hugo Boss, der Gründer der Nobelmarke, hieß es bereits damals, schneiderte in der Nazi-Zeit Uniformen für SS, SA, Hitlerjugend und Wehrmacht. Das Unternehmen habe während des Zweiten Weltkriegs bis zu 126 Beschäftigte gehabt, darunter auch französische Kriegsgefangene und polnische Zwangsarbeiter.
Es folgte eine Sammelklage in den USA, und das Unternehmen selbst gab schließlich wenig später eine Studie über das Thema in Auftrag, die fertiggestellt, dann aber unter Verschluss gehalten wurde.

AP
Die Uniformen der Nazis - Hitler nimmt eine Parade in Polen ab
„Nachweislich vom Nationalsozialismus profitiert“
Über die Jahre hinweg drohte die Nazi-Causa das Image von Hugo Boss nachhaltig zu schädigen. Deshalb wurde eine zweite Studie in Auftrag gegeben - und vor wenigen Monaten veröffentlicht. Verfasst hat sie der Münchner Historiker Roman Köster. 104 Seiten umfasst der Text mit dem Titel „Hugo Boss, 1924-1945“, und im Großen und Ganzen bestätigt er, was zuvor Medien recherchiert hatten und was die Aussage der ersten Studie war. Der „Süddeutschen Zeitung“ liegt Kösters Text vor, zusammenfassend heißt es: „Das 1924 gegründete Unternehmen habe Uniformen für Wehrmacht, SS und Hitlerjugend geschneidert und ‚ökonomisch nachweislich‘ vom Nationalsozialismus profitiert.“
Der Unternehmensgründer sei bereits 1931 Mitglied der NSDAP gewesen, also zwei Jahre vor Hitlers Machtergreifung. 140 Zwangsarbeiter und 40 französische Kriegsgefangene hätten Nazi-Uniformen schneidern müssen. Nach dem Krieg musste Hugo Boss eine Strafe von 100.000 Reichsmark bezahlen - diese Strafe wurde aber später aufgehoben. Boss starb 1948. Aufgeflogen ist die braune Vergangenheit vor 15 Jahren durch Erwähnung von „Hugo Boss, Metzingen“ auf einer Schweizer Liste nachrichtenloser Konten.
Unternehmen bedauert verursachtes Leid
Nach dem Zweiten Weltkrieg führten sein Sohn Siegfried und Schwiegersohn Eugen Holy (Spross einer böhmischen Schneiderfamilie) die Geschäfte weiter. Das Unternehmen erzeugte Mitte der 50er Jahre erstmals Herrenanzüge. Ende der 60er Jahre traten die Hugo-Boss-Enkel Uwe und Jochen Holy in das Unternehmen ein. Sie leiteten den weltweiten Siegeszug der Marke Hugo Boss ein, der - mit zwischenzeitlichen Rückschlägen - bis heute andauert. Momentan, Hugo Boss ist mittlerweile mehrheitlich in der Hand des britischen Finanzinvestors Permira, sorgt vor allem der chinesische Wachstumsmarkt für Traumzahlen. Das Netz an eigenen Shops wird auf der ganzen Welt erweitert.
Studienautor Köster sagte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, er habe den Eindruck, dem Unternehmen sei wirklich etwas an der Aufklärung der Geschichte gelegen. Imagepflege ist die Aufarbeitung dennoch. Das Unternehmen zog jedenfalls die Konsequenzen aus Kösters Ausführungen und entschuldigte sich auf seiner Homepage bei den Menschen, „die durch den Fertigungsbetrieb von Hugo Ferdinand Boss zu Zeiten des Nationalsozialismus Leid erfahren haben“.
Links: