Dystopische Science-Fiction-Fantasie
Jasper Fforde ist ein Science-Fiction-Autor, aber einer für alle, die sonst vielleicht keine Science Fiction mögen. Bekannt wurde er mit seiner Fantasiereihe rund ums Reisen in die Handlung von Büchern („Der Fall Jane Eyre“). Nun sorgt er mit ganz anderem Stoff für Furore.
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Von Farbstoff ist die Rede. Denn um den dreht sich die neue Reihe über die Abenteuer des jungen Eddie Russett, von der nun auf Deutsch der erste Band „Grau“ erschienen ist. Fforde berichtet darin aus einer Welt in ferner Zukunft, in der die Menschen ihre Farbwahrnehmung weitgehend verloren haben. Es gibt Farbersatzstoffe, aber jene Bürger, die wirklich echte Farben wahrnehmen können, zählen mehr als alle anderen. Und der gesellschaftliche Status bestimmt sich danach, von welcher Farbe man noch wie viel sehen kann.
Rund um dieses Farbsystem ist ein rigides System an Regeln erstellt worden. Nachts darf man Siedlungen nicht verlassen, es gibt eine Heiratsordnung für die verschiedenen Kasten sowie eine strenge Hierarchie der einzelnen Individuen. Die Menschen werden nach einer Art Gutpunktesystem („Meriten“) bewertet. Wer dem faschistischen System nicht entspricht, gelangt zur „Neuprogrammierung“, wobei niemand weiß, was damit gemeint ist - zumindest bis gegen Ende des Buches.

AP/Viking Press/Mari Roberts
Buchhinweis
Jasper Fforde: Grau. Eichborn, 491 Seiten, 20,60 Euro.
CD-Hinweis
Jasper Fforde: Grau. Eichborn, sieben CDs, 24,95 Euro.
Simple Idee, gute Geschichte
Wie bei der „Thursday-Next-Reihe“ ist auch hier die Idee simpel. Und die Kritik an einer Gesellschaft, die immer mehr in Richtung Überwachungsstaat geht, in der die persönlichen Freiheiten zusehends einschränkt werden, ist nicht originell - sie liegt etwa dem halben Science-Fiction-Genre zugrunde. So auch in George Orwells „1984“, um das prominenteste Beispiel zu nennen.
Aber: Jasper Fforde ist ein guter Geschichtenerzähler. Seine komplett neu angelegte Welt, mit der ein Leser zunächst nichts anfangen konnte, wird rasch mit Leben, Liebe und einer Thrillerhandlung aufgefüllt, die niemanden kaltlassen dürfte. Die Übersetzung von Thomas Stegers ist gelungen und beim Hörbuch passen Stimme und Sprechweise Oliver Rohrbecks perfekt zum jugendlich naiven, aber schließlich doch prinzipientreuen Eddie Russett.
Wettbewerb für Leser
Ganz besonders viel Augenmerk legt Jasper Fforde auch auf seine Onlineaktivitäten. Scherzhaft erklärte er vor Jahren im Interview mit ORF.at, dass er Angst habe, zwischen zwei Buchveröffentlichungen vergessen zu werden. Deshalb lasse er sich auch ständig etwas für seine Website einfallen. Noch bis Ende September etwa läuft ein Wettbewerb für alle Leser der deutschen Ausgabe von „Grau“. Man soll ein möglichst originelles Foto von sich einsenden, auf dem man mit irgendetwas Grauem zu sehen ist. So viel Humor bringt Farbe ins Leben.
Simon Hadler, ORF.at
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