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Ungenaue Prognosen bis zuletzt

Der womöglich am Freitag abstürzende UARS (Upper Atmosphere Research Satellite) der NASA gilt offiziell nicht als „Risikoobjekt“, so die US-Raumfahrtbehörde in ihrer offiziellen Risikobewertung. Dass Menschen zu Schaden kämen, sei „extrem“ unwahrscheinlich. Klarer formuliert: Die Wahrscheinlichkeit, dass es Tote gibt, liegt bei 1:3.200.

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Der 20 Jahre alte Satellit wurde schon im Jahr 2005 aus seiner Bahn gebracht. Der Absturz auf der Erde war seither nur noch eine Frage der Zeit. Und zumindest dabei hat sich die NASA gründlich verschätzt: Der Eintritt in die Erdatmosphäre hätte erst zum Jahresende stattfinden sollen. Der 5,6 Tonnen schwere Satellit rast aber - laut NASA wegen überraschend hoher Sonnenaktivität - viel schneller auf die Erde zu als gedacht.

Zeit = Raum = Ungewissheit

Laut jüngsten Prognosen soll UARS am Freitag auf der Erde aufschlagen. Noch immer versieht die NASA diese Schätzung mit der Schwankungsbreite von „+/- 1 Tag“. Durch immer genauere Prognosen in immer kürzeren Abständen will die NASA diese Unschärfe eingrenzen. Die letzte Prognose soll zwei Stunden vor dem erwarteten Aufschlag veröffentlicht werden. Auch sie wird jedoch noch eine Ungenauigkeit von „+/- 25 Minuten“ aufweisen.

Die zeitliche Unschärfe bedeutet auch eine räumliche Unschärfe. Auch die allerletzte Prognose kann das Gebiet des Aufschlags nur auf 5,76 Mio. Quadratkilometer eingrenzen - also etwa die halbe Fläche Europas. Was die technisch-physikalischen Aspekte des Absturzes anbelangt, können die NASA-Experten dafür genauere Angaben machen: Der Großteil des Satelliten wird demnach beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen, 26 Einzelteile werden diesen jedoch „überleben“.

Aus 640 Gramm werden 16 „Impact“-Kilo

Der kleinste auf der Erde erwartete Satellitenteil wiegt laut NASA-Angaben 640 Gramm, der größte beinahe 160 Kilo. Die „ballistische Einwirkung“ beim Aufschlag beträgt - bei einer Fallhöhe aus Dutzenden Kilometern Höhe - ein Vielfaches davon. Aus 640 Gramm werden dabei zum Beispiel 16 Kilo. Insgesamt bringen alle Teile, die auf der Erde einschlagen werden, über 532 Kilo auf die Waage.

Je nach Beschaffenheit, Material und Form unterscheiden sich außerdem die prognostizierten Flugbahnen der Teile. Die ersten einschlagenden Teile werden laut den Schätzungen zwei jeweils 1,1 Kilo schwere Beryllium-Container sein, der letzte Teil mit der weitesten Flugbahn eine drei Kilo schwere Beryllium-Ummantelung. Dazwischen werden 550 Kilometer und 23 andere Teile aus Titan, Aluminium und Stahl liegen.

Ein Pinguin müsste man sein

Dass das Risiko von Sachschäden oder gar Verletzten durchaus gegeben ist, lässt sich vor allem zwischen den Zeilen der NASA-Expertise herauslesen. Da heißt es fast schon entschuldigend, dass zum Zeitpunkt des Satellitenstarts im Jahr 1991 noch nicht in dem Maß an Absturzrisiken gedacht wurde wie das heute der Fall ist. Inzwischen „bemüht“ sich die NASA laut eigener Aussage, „das Risiko menschlicher Opfer durch wiedereintretende Himmelskörper geringer als 1:10.000“ zu halten.

Noch nie seit Beginn der Raumfahrt habe es zudem „bestätigte Berichte“ über Verletzte durch herabfallenden Weltraumschrott gegeben, sagt die US-Raumfahrtbehörde. Auch habe man inzwischen gelernt, den Absturz künstlicher Himmelskörper in unbewohnte Gebiete zu lenken. Diesmal ist sich die NASA aber nur in einer Hinsicht sicher: Nur die Antarktis kann demnach als mögliches Absturzgebiet des Satelliten ausgeschlossen werden.

Lukas Zimmer, ORF.at

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