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„Einer Einigung nahe“?

Eine mit Spannung erwartete Telefonkonferenz der griechischen Regierung mit der Gläubiger-Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) ist am Montagabend ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. Am Dienstagabend soll das Telefonat weitergeführt werden.

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Bis zur neuerlichen Telefonkonferenzrunde am Dienstag würden Gespräche auf Fachebene stattfinden, hieß es seitens der EU. Damit droht sich die Zitterpartie um Griechenland fortzusetzen. Der Euro weitete seine Verluste nach der Meldung aus. Das Finanzministerium in Athen teilte lediglich mit, die Telefonkonferenz am Montag sei „produktiv und substanziell“ gewesen.

Widersprüche, Nervosität und Hektik

Die Nervosität und der Zeitdruck, unter denen das Rettungspaket für Griechenland geschnürt werden muss, lassen sich immer schlechter verbergen: Kurz zuvor hatte das griechische Finanzministerium noch mitgeteilt, dass die Telefonkonferenz mit der Gläubiger-Troika wohl bis in die frühen Morgenstunden am Dienstag dauern werde. Alle Regierungstermine für Dienstagvormittag seien deshalb abgesagt worden.

Ebenfalls kurz vor dem überraschenden Ende der Telefonkonferenz hatte es seitens der griechischen Regierung geheißen, es sei danach nicht mit einer offiziellen Erklärung zu rechnen - nur um im Anschluss zu erklären, man sei „einer Einigung nahe“ und es gehe nur noch um die „finanzielle Bewertung einiger Maßnahmen“. Vor allem der IWF mahnte zuletzt weitere Sparanstrengungen ein, da das Defizit andernfalls nicht nachhaltig gesenkt werden könne.

Athen bekniet die Troika

Ein positiver Bericht der Troika über die Athener Budgetsanierung ist Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von acht Milliarden Euro aus dem alten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro. Fließen die Milliarden nicht, droht Griechenland nach offiziellen Angaben in Athen im Oktober die Zahlungsunfähigkeit - mit entsprechend dramatischen Folgen für die gesamte Euro-Zone.

Die Ratingagentur Fitch gab am Dienstag bekannt, fest mit einer Pleite Griechenlands zu rechnen. Dennoch sei zu erwarten, dass der hoch verschuldete Staat in der Euro-Zone bleibt, schrieb David Riley, zuständig für die staatliche Bonitätseinstufungen bei Fitch in einem Kommentar. Die Sorge, dass die Euro-Zone auseinanderbrechen könnte, hält die Ratingagentur für weit übertrieben.

Verbleib in Euro-Zone „fundamentale“ Entscheidung

Athen dementierte am Dienstag Gerüchte, wonach in dem hoch verschuldeten Land ein Referendum über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone geplant sei. „Die Beteiligung Griechenlands an der Euro-Zone und dem Euro ist eine unwiderrufliche und fundamentale nationale Entscheidung“, sagte Venizelos vor Journalisten in Athen. Venizelos bestritt, dass Griechenland ein zentrales Problem der Euro-Zone darstellt, dazu habe das Land nicht die Größe.

Die Troika-Delegation hatte die Regierung Anfang September aufgefordert, noch mehr für die Sanierung der Staatsfinanzen zu tun und war überraschend ohne positives Votum aus Athen abgereist. Die Hängepartie belastete am Montag neben dem Euro auch die Aktienmärkte. Allein die Tatsache, dass sich die Beteiligten nicht einmal auf eine einheitliche, die Märkte vielleicht etwas beruhigende Stellungnahme verständigen können, zeigt den Ernst der Lage.

1,625 Mrd. Euro auf Kapitalmarkt geliehen

Griechenland besorgte sich am Dienstag frisches Geld auf dem Kapitalmarkt. Das Land gab Staatsanleihen mit einer Laufzeit von drei Monaten im Wert von 1,625 Mrd. Euro aus, wie die griechische Schuldenverwaltung mitteilte. Die Geldgeber verlangten dafür Zinsen in Höhe von 4,56 Prozent, ein Satz, der nur minimal über den im August erreichten 4,5 Prozent lag.

Die EU-Kommission dringt gegenüber dem hoch verschuldeten Griechenland auf die vereinbarten Spar-, Reform- und Privatisierungsziele, wie ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel bekräftigte. „Falls es Unzulänglichkeiten geben sollte, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden.“ Zugleich trat der Sprecher Spekulationen entgegen, wonach die EU von sich aus mehr von Athen verlange: „Wir wollen eine volle Erfüllung der vereinbarten Ziele - nicht mehr, nicht weniger.“

Knallhartes Sparprogramm gefordert

Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es, die Troika fordere die Einhaltung längst gegebener Zusagen. Darunter sei der Ausgleich des Preises für Heizöl (bisher rund 90 Eurocent) mit dem Treibstoffdiesel (etwa 1,40 Euro). Zudem sollen rund 50.000 Staatsbedienstete sofort und weitere 100.000 bis 2015 entlassen werden. 117 Betriebe, die vom Staatshaushalt unterstützt werden, müssen so bald wie möglich schließen.

Weitere zentrale Maßnahme für die Sanierung der Staatsfinanzen soll die bereits angekündigte Immobiliensondersteuer sein. Demnach soll jeder Grieche, der eine Wohnung oder ein Haus besitzt, in diesem und im kommenden Jahr eine Abgabe zwischen 50 Cent und 16 Euro pro Quadratmeter zahlen - je nach Wert der Immobilie. Auch Pensionen sollen weiter gekürzt werden, hieß es.

„Die Zeit drängt“

Venizelos unterstrich den Ernst der Lage. „Die Zeit drängt. Wir müssen in wenigen Wochen Reformen durchführen, die wir jahrzehntelang nicht gemacht haben“, sagte er auf einer Konferenz des britischen Wirtschaftsmagazins „Economist“, die vom griechischen Fernsehen übertragen wurde. Athen plant ein Bündel von Maßnahmen: Die Staatsausgaben sollen weiter verringert, Steuerhinterziehung soll penibel erfasst werden - allerdings ist die Umsetzung angesichts der Verwaltungsmängel schwierig.

Griechenland steckt tief in der Rezession. „Die Wirtschaft wird dieses Jahr um 5,5 Prozent schrumpfen“, so Venizelos. Das habe es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Zuvor hatte die Regierung minus fünf bis 5,3 Prozent veranschlagt. Zuvor hatte es aus dem griechischen Finanzministerium geheißen, der Montag müsse mit handfesten positiven Signalen der Troika zu Ende gehen, andernfalls habe man „ein gewaltiges Problem“.

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