Aufregung über Fekter-Sager
Aufgrund einer Massendemonstration gegen die Sparpolitik in Europa fand das Ecofin-Treffen im polnischen Wroclaw (Breslau) am Samstag ein rasches Ende. Mit der hastigen Abreise einiger Minister endete ein im großen und ganzen eher unerfreuliches Wochenende.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Entscheidung für eine rasche Abreise wurde getroffen, nachdem die Polizei erklärte, sie wolle die rund 30.000 erwarteten Demonstranten nicht durch Straßensperren verärgern. Die Ratspräsidentschaft gab daraufhin die Parole an die Minister aus, sofort nach der Tagung ihre Busse zu besteigen und abzureisen. Einige Minister - unter ihnen auch die österreichische Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) - hielten sich daran, andere nicht.
Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble ließ sich nicht hetzen und gab noch eine Abschluss-Pressekonferenz. Und der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, zeigte sich von der Aufforderung, frühzeitig abzureisen, irritiert. Zumal die Demonstrationen nicht vor 15.00 Uhr die Jahrhunderthalle, wo das Treffen stattfand, erreicht hätten.

APA/EPA/PAP/Maciej Kulczynski
Geithners Auftritt in Polen sorgte für Aufregung
Bankendebatte im Schnelldurchlauf
Damit blieb für den letzten Programmpunkt des zweitägigen informellen Treffens nicht mehr viel Zeit. Auf der Tagesordnung stand eine Debatte über die Stabilität des europäischen Bankensystems. Dabei ging es insbesondere um die Ergebnisse der Banken-„Stresstests“ vom Juli und die Rolle der Ratingagenturen. Bei der letzten Runde der europäischen „Stresstests“ waren acht Kreditinstitute durchgefallen, vor allem aus Griechenland und Spanien.
Juncker erteilt Geithner Absage
Doch allzu schwer dürfte den Ministern der vorzeitige Abschied nicht gefallen sein. Denn statt geballter Einigkeit gegen die Schuldenkrise, taten sich tiefe Gräben zwischen Europa und den USA auf. Vor allem der Auftritt von US-Finanzminister Timothy Geithner sorgte für Verstimmung. Seine Forderung nach mehr Geld zur Finanzierung und Stabilisierung des Bankensektors in der EU sowie zu einer deutlichen Aufstockung des Rettungsschirms EFSF über die geplanten 780 Milliarden Euro Garantien hinaus kam bei seine europäischen Kollegen nicht gut an.
Der Vorsitzende der Euro-Zone, Juncker, wies diesen Vorschlag knapp zurück: „Wir sehen keinen Spielraum in der Euro-Zone, der uns erlauben könnte, neue Konjunkturpakete aufzulegen.“
US-Finanzministerium beschwichtigt
Die Verstimmung war letztlich so groß, dass sich das US-Finanzministerium genötigt sah, noch in der Nacht auf Samstag eine Erklärung auszusenden. Geithner habe keine „bestimmten politischen Rezepte“ vorgeschlagen oder kritisiert, sondern habe seine EU-Kollegen nur ermutigt, „entschieden zu handeln“ und „mit einer Stimme zu sprechen“, erklärte das Ministerium. Geithner habe „Gedanken und Ideen“ beigetragen, wie die Europäer die erforderlichen Instrumente entwickeln könnten, um die Herausforderungen zu meistern.
Konfliktherd Finanztransaktionssteuer
Ein Grund für Geithners eher missglückten Auftritt war, dass er bei einem Thema den wunden Punkt unter den Euro-Finanzministern traf: die Finanztransaktionssteuer. Deutschland, Frankreich und Belgien drängen dabei auf ein Vorpreschen der Euro-Zone. Großbritannien und Italien stemmen sich mit aller Vehemenz dagegen. Sie befürchten, der Handel würde an andere Standorte außerhalb Europas abwandern, solange die Steuer nicht weltweit eingeführt wird.
Davon wollen die USA aber nichts wissen. Geithner lehne diese Steuer „strikt“ ab, berichtete die österreichische Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) von den Gesprächen hinter verschlossenen Türen. Statt neuer Steuern einzuführen, forderte Geithner die Europäer auf, eine Aufstockung des Euro-Rettungsfonds vorzunehmen.
Links: