Teurere Garantien für Kredite
Die Euro-Gruppe hat US-Finanzminister Timothy Geithner mit dessen Forderung nach deutlich mehr Geld zur Finanzierung und Stabilisierung des Bankensektors in der EU sowie zu einer deutlichen Aufstockung des Rettungsschirms EFSF über die geplanten 780 Milliarden Euro Garantien hinaus abblitzen lassen.
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Trotz des erstmaligen Auftretens eines amerikanischen Finanzministers bei der Sitzung der Euro-Gruppe im polnischen Wroclaw gab es kein Ziehen an einem gemeinsamen Strang. Der Vorsitzende der Euro-Zone, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, zeigte sich von den amerikanischen Forderungen nach deutlich mehr Geld für den EFSF kaum angetan. „Wir sehen keinen Spielraum in der Euro-Zone, der uns erlauben könnte, neue Konjunkturpakete aufzulegen“, sagte er.
Und Juncker betonte in Richtung Geithner, die Euro-Gruppe diskutiere nicht mit Nichtmitgliedsstaaten über eine Ausweitung des EFSF, wie sie Geithner vorgeschlagen hatte. Gleichzeitig versuchte Juncker zu betonen, dass sich die Euro-Staaten und die USA gemeinsam gegen die Schuldenkrise und einen drohenden Wirtschaftsabschwung stellten. Auch wenn niemand von offenem Zwist sprach, werteten Europas Finanzminister Geithners Auftritt sichtlich als Versuch, sie zu schulmeistern - ein Unterfangen, das sie deutlich zurückwiesen. Geithner selbst betonte nach dem Treffen, dafür sei sein Land, das teils eine „schrecklichere Politik“ habe, gar nicht in der richtigen Position.
US-Finanzministerium beschwichtigt
Auch das US-Finanzministerium erklärte in der Nacht auf Samstag, Geithner habe seinen europäischen Kollegen keine konkreten Vorschläge gemacht. Geithner habe keine „bestimmten politischen Rezepte“ vorgeschlagen oder kritisiert, sondern habe seine EU-Kollegen nur ermutigt, „entschieden zu handeln“ und „mit einer Stimme zu sprechen“, erklärte das Ministerium. Geithner habe „Gedanken und Ideen“ beigetragen, wie die Europäer die erforderlichen Instrumente entwickeln könnten, um die Herausforderungen zu meistern.
„Alle Schlagzeilen negativ“
Der Versuch, mit der gemeinsamen Beratung den Finanzmärkten Einigkeit und Bemühen für eine rasche Lösung zu signalisieren, könnte sich somit als nachteilig erweisen. Der Euro verlor jedenfalls in New York wieder an Boden. „Alle Schlagzeilen, die das Treffen hervorgebracht hat, sind ziemlich negativ, und die Widerstandskraft des Euro nach der gemeinsamen Aktion der Notenbanken vom Donnerstag scheint zu erlahmen“, sagte Jeremy Stretch, Währungsstratege bei CIBC World Markets.
Fekter: Geithner abgeblitzt
Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) berichtete nach dem Treffen, Geithner sei mit seinen Forderungen abgeblitzt. Laut Fekter wies der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble Geithners Forderungen für den EFSF zurück. Schäuble habe Geithner darauf hingewiesen, dass „mit Steuergeld allein in der Dimension, wie sich die USA das wahrscheinlich vorstellen, das so nicht machbar sein wird“.
Im Gegenzug habe die EU neuerlich die Finanztransaktionssteuer angesprochen. Die USA sollten sich hier beteiligen, dann würde der Markt für die Stabilisierung auch selbst beitragen. Das wiederum sei von Geithner brüsk abgelehnt worden, kritisierte Fekter: „Was in Wirklichkeit aus meiner Sicht nicht ganz sachlich gerechtfertigt war. Weil uns die Welt zu erklären, obwohl wir im Hinblick auf die Fundamentaldaten besser dastehen als die USA, und gleichzeitig uns zu erklären, was wir mit Steuergeldern zu tun haben, und gleichzeitig einer Maßnahme sofort eine Absage zu erteilen, das habe ich nicht für gerechtfertigt gefunden.“ Außerdem hätten die USA in der Schuldenkrise größere Defizite, als sie in der EU der Fall seien.
Geithners Plan für den Euro
Geithner hatte die EU-Finanzminister zuvor nachdrücklich gedrängt, ihre Bemühungen zur Euro-Rettung zu verstärken. Konkret schlug Geithner vor, die EFSF-Milliarden sollten nicht zum Aufkauf der Anleihen überschuldeter Staaten, sondern zur Ausstellung von Garantien für solche Anleihen ausgegeben werden. Damit könnten de facto deutlich mehr faule Anleihen vom Markt aufgekauft werden - im Gegenzug würde aber das Risiko steigen, dass derzeit noch top geratete EU-Staaten wie Frankreich heruntergestuft werden, was deren Refinanzierungskosten - wegen höherer Zinslast - erhöhen würde und im negativen Fall bisher ungefährdete Länder ebenfalls in die Schuldenfalle ziehen könnte.
Geithner riet seinen EU-Kollegen dringend, das in den USA angewandte Modell zu übernehmen. Dort kaufte die Federal Reserve die faulen Anleihen von Großkonzernen wie General Motors und zahlreichen Banken auf, und das Finanzministerium garantierte dafür. Konkret bedeutet das, dass weiter die EZB die Staatsanleihen aufkauft - der EFSF, also die EU-Regierungen, aber dafür im Fall eines Zahlungsausfalls garantiert.
Radikal neuer Zugang
Geithner ist offenbar überzeugt, dass die bisher bereitgestellten Milliarden nicht ausreichen, die von den Finanzmärkten - früher oder später - längst als fix erwartete Pleite Griechenlands (und eventuelle weiterer Länder) zu finanzieren und die Euro-Krise einzudämmen. Das wäre ein radikaler neuer Zugang und könnte die Ausweitung des EFSF insgesamt gefährden. Deutschland, Österreich und andere Länder sperren sich aber bisher gegen entsprechende Pläne. Die nationalen Parlamente müssen zudem erst die Ausweitung der neuen Befugnisse des EFSF, die von den EU-Regierungschefs im Juli beschlossen wurden, absegnen. Und hier gibt es teils massive innenpolitische Widerstände - und zumindest Verzögerungen bei den Beschlüssen, etwa in Deutschland, zeichnen sich ab.
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