„Ultimativer Schritt der SNB“
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat im Kampf gegen die für die Wirtschaft des Landes bedrohliche Franken-Stärke die Schrauben angezogen und ein unteres Wechselkursziel zum Euro festgelegt. Die Notenbank toleriere ein Absinken der Gemeinschaftswährung unter 1,20 Franken ab sofort nicht mehr, teilte sie vergangene Woche mit.
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Faktisch heißt das: Ein Franken soll nach dem Willen der Schweizer künftig höchstens 0,833 Euro wert sein. „Die Nationalbank wird den Mindestkurs mit aller Konsequenz durchsetzen und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen“, hieß es in der Erklärung. Und die Notenbank stellte weitere Maßnahmen in Aussicht, falls diese nötig werden sollten.
„Der Franken ist auch bei 1,20 pro Euro hoch bewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen. Falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken es erfordern, wird die Nationalbank weitere Maßnahmen ergreifen.“ Die SNB sieht in der massiven Überbewertung des Frankens „eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft“ und das „Risiko einer deflationären Entwicklung“.
80er Jahre als Vorbild?
Zum letzten Mal hatte die SNB vor rund 30 Jahren zum Mittel eines Wechselkurszieles gegriffen. Damals hatte die Ölkrise zu einer Flucht in den Franken geführt. Vier Jahre später galten die damit verbundene Geldmengenausweitung als Quelle der Inflation, die dann mehr als sechs Prozent erreichte.
EZB: Auf „eigene Verantwortung“
Die SNB hat die Festlegung auf ein Wechselkursziel nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) auf eigene Faust entschieden. Die EZB teilte am Dienstag mit, sie nehme die Entscheidung der SNB zur Kenntnis. Die Schweizer Notenbank habe diesen Schritt in „eigener Verantwortung“ unternommen.
Unter den Schweizer Finanzexperten herrschte nach der Entscheidung Erleichterung. „Ich bin relativ zuversichtlich, dass die Nationalbank das durchsetzen kann“, sagte Ökonom Martin Neff von der Credit Suisse. „Man kann davon ausgehen, dass der Franken sich um dieses Kursverhältnis stabilisiert und vielleicht auch darüber geht.“
Leitzins Anfang August gesenkt
Die SNB hatte im Kampf gegen die für die Wirtschaft des Landes bedrohliche Franken-Stärke Anfang August ihren Leitzins überraschend auf praktisch null gesenkt und die Geldschleusen weit geöffnet. Die Schuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks hatte die Investoren in Scharen in sichere Häfen wie die Schweizer Währung, den japanischen Yen oder Gold getrieben. Die für die exportabhängige Schweizer Industrie wichtigste Partnerwährung Euro hatte Anfang August sogar nahezu Parität erreicht.
Franken-Stärke „hausgemacht“
Zuletzt hatte der schweizerische Gewerkschaftsbund eine Untergrenze von 1,40 Franken für den Euro gefordert und sich dabei auf die jahrelang festgelegte Wechselkursuntergrenze etwa bei der Deutschen Mark bezogen. Eine in seinem Auftrag verfasste Studie geht mit der Notenbank hart ins Gericht. Die Franken-Stärke sei auch hausgemacht. Als Gegenmaßnahme soll die SNB Negativzinsen für ausländische Bankguthaben prüfen, erklärte der Studienverfasser und Währungsspezialist Michael Bernegger.
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