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Schüssel-Kabinette auf dem Prüfstand

Ob Telekom, BUWOG oder Eurofighter - zahlreiche Entscheidungen der Kabinette von Wolfgang Schüssel (ÖVP) stehen derzeit auf dem Prüfstand. Der Altkanzler bleibt dabei: Von Malversationen und Korruption habe er nie etwas bemerkt. Mit seinem Rücktritt als Nationalratsabgeordneter möchte er aber nun helfen, „umgehend und vollinhaltlich Klarheit zu schaffen“.

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In die Telekom-Affäre sollen gleich mehrere damalige Proponenten verwickelt sein. Als Erstes aufs Tapet kamen angebliche Zahlungen an den früheren Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ bzw. BZÖ), dann wurde auch Ex-FPÖ-Verkehrsminister Mathias Reichhold als angeblicher Zahlungsempfänger geoutet. Beide wiesen die Vorwürfe entschieden zurück.

Massive Ungereimtheiten soll es auch um die Vergabe des digitalen Behördenfunks gegeben haben - verantwortlich zeichnete der damalige Innenminister Ernst Strasser (ÖVP). Statt des ursprünglich beauftragten Konsortiums mastertalk kam dann doch Tetron um Motorola und Alcatel zum Zug. Die Telekom verdiente mit, da sie die Netzinfrastruktur mitlieferte.

Mensdorff-Pouilly und die Eurofighter

Spekuliert wurde im Zusammenhang mit diesem Deal über Zahlungen der Telekom an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly, den Ehemann von Strassers Ministerkollegin Maria Rauch-Kallat (ÖVP). Derzeit ermitteln auch die US-Behörden wegen angeblicher Zahlungen von Motorola an Mensdorff-Pouilly. Dieser hat ebenso wie Strasser jegliche Unregelmäßigkeiten stets dementiert.

Nicht nur gilt er seit langem als Gastgeber mehr oder weniger prominenter Jagdgesellschaften, deren Teilnehmer - zumeist aus ÖVP-Kreisen - gerne medial „geoutet“ werden. Auch seine Rolle in der Entscheidung für die Eurofighter bzw. deren Beschaffung war immer wieder Gegenstand von Ermittlungen.

Überhaupt beschäftigt diese Causa seit Jahren die Justiz, zuletzt befeuert durch italienische Ermittlungserkenntnisse. Gleich mehrere prominente Lobbyisten des Rüstungskonzerns EADS wurden im Frühling 2011 von der Polizei abgehört. Der seit Jahren nicht völlig entkräftete Verdacht: Rund um den Eurofighter-Ankauf sollen Bestechungsgelder geflossen sein.

Ausflüge in sportliche Gefilde

Die Telekom-Affäre nimmt auch Ausflüge in sportliche Gefilde: So soll der Fußballverein FC Kärnten - als der dortige Landeshauptmann noch Jörg Haider hieß - vom Konzern bis zu einer halben Million Euro erhalten haben, was der Vereinspräsident aber dementierte. In Rage bringt die ÖVP, dass Medien auch über Zahlungen an den SV Sierning - der Heimatort des früheren Vizekanzlers Wilhelm Molterer (ÖVP) - schrieben. Das sei ganz normales Sponsoring, und Molterer habe das eben vermittelt, heißt es dazu.

Geflossen ist Telekom-Geld - und zwar 80.000 Euro - auch an die Fraktion der Christgewerkschafter, laut FCG freilich für „konkrete Gegenleistungen“. Die soll es auch vom SPÖ-Abgeordneten Kurt Gartlehner gegeben haben, der für eine Expertise zum Thema „Breitbandausbau und Regulierungspolitik“ rund 30.000 Euro bekommen haben soll. Das FPÖ-Parteiblatt „Neue Freie Zeitung“ wiederum soll sich an Druckkostenbeiträgen erfreut haben.

Die BUWOG-Privatisierung

Fast schon aus dem Blickfeld geraten ist bei so vielen Telekom-Enthüllungen die BUWOG-Privatisierung. Dort im Zentrum des Interesses steht Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der schon zu seiner Ministerzeit wegen seiner gesponserten Privathomepage ins Gerede gekommen war. Mittlerweile hat er Selbstanzeige wegen einiger tausend Euro, die er von 2002 bis 2008 nicht versteuert hatte, erstattet.

Gravierender sind freilich die Vorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit der Privatisierung der Bundeswohnungen, wo Grasser von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt wird. Er soll in das Verkaufsverfahren eingegriffen haben, was der frühere Finanzminister stets zurückwies. Und ob BUWOG oder Telekom - ein Name taucht im Zusammenhang mit diesen Affären immer wieder auf: jener des Beraters Peter Hochegger.

Deals mit Staatsbürgerschaften in Kärnten

Für Schlagzeilen sorgten auch angebliche Deals mit Staatsbürgerschaften in Kärnten. Im Oktober wird der ehemalige Protokollchef Jörg Haiders, Franz Koloini, vor Gericht stehen. Ihm wird Geldwäsche im Zuge jener Causa angelastet, in der ein Konto von zwei Russen gespeist wurde, denen Haider die entgeltliche Beschaffung der österreichischen Staatsbürgerschaft versprochen haben soll.

Uwe Scheuch, derzeit Chef der Kärntner Freiheitlichen und zu schwarz-orangen Zeiten BZÖ-Generalsekretär, wurde jüngst in erster Instanz verurteilt, nachdem er einem vermeintlichen potenziellen russischen Geschäftsmann signalisiert hatte, ihm im Gegenzug für ein Investment bzw. eine Parteispende die österreichische Staatsbürgerschaft zu verschaffen.

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