„Volles Vertrauen in den Vorstand“
Der Telekom-Aufsichtsrat hat am Freitag in einer mehr als fünfstündigen Krisensitzung Maßnahmen zur Aufklärung der Korruptionsaffären beschlossen. Ein externes Untersuchungsteam mit internationalen Experten, das eng mit der internen Revision der Telekom zusammenarbeiten soll, werde eingesetzt, kündigte ÖIAG-Chef und Telekom-Aufsichtsratspräsident Markus Beyrer nach dem Krisentreffen Freitagabend an.
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Der Aufsichtsrat werde einen Kontrollausschuss unter seinem Vorsitz einrichten. Dieser Kontrollausschuss solle dann ein Untersuchungsteam nominieren. Namen nannte Beyrer nicht. Weiters sprach Beyrer dem amtierenden Management das Vertrauen aus. „Natürlich“ passierten die Maßnahmen in enger Abstimmung mit dem Vorstand. „Ich habe volles Vertrauen in den Vorstand“, sagte der Chef der Staatsholding.
Keine Namen
Beyrer kündigte nach dem Aufsichtsrat eine weitere Maßnahme an: Der Aufsichtsrat habe dem Telekom-Vorstand ausdrücklich empfohlen, einen externen Experten für Compliance in den Konzern zu holen, der sich um die Einhaltung von Regeln und Richtlinien kümmern soll. Dieser könne an den Kontrollausschuss berichten. Auch hier nannte Beyrer keinen Namen.
Im „Ad-hoc-Kontrollausschuss“ werden Beyrer selber, der Telekom-Aufsichtsrat Franz Geiger und ein Vertreter der Arbeitnehmer sitzen. Der Kontrollausschuss solle die Schnittstelle zwischen dem Aufsichtsrat und dem neuen Untersuchungsteam bilden. Franz Geiger war früher Vorstand bei Siemens Österreich.
„Lückenlose Aufklärung“
Das Expertenteam solle unter anderem Zukäufe der Telekom sowie Immobiliengeschäfte durchleuchten, heißt es in einer Aussendung. Die interne Revision werde für die Zusammenarbeit mit dem Expertenteam vom Vorstand weisungsfrei gestellt.
Ein Rechtsanwalt solle Schadenersatzforderungen gegen Schädiger geltend machen. Zur Rückforderung von Zahlungen aus dem Managerboni-Programm werden Treuhandkonten für die Rückzahlungen eingerichtet, so die gemeinsame Aussendung von Telekom Austria und der ÖIAG. Ein abschließender Bericht soll spätestens zur Hauptversammlung 2012 vorliegen. Es gehe ihm um „lückenlose Aufklärung“, so Beyrer.
Aufsichtsrat hat „nicht versagt“
Ein internationales Wirtschaftsprüfungsteam mit spezifischem forensischem Know-how werde in einer Ausschreibung gesucht, sagte Beyrer Freitagabend in der ZIB2. Dem Telekom-Vorstandschef Hannes Ametsreiter habe der Aufsichtsrat das Vertrauen ausgesprochen, dieser sei zum Zeitpunkt der Vorwürfe im Management einer Tochtergesellschaft gesessen.
In der Telekom müsse nun für Aufklärung gesorgt werden, auch wenn die interne Revision schon gut gearbeitet habe. Den Skandal will der Chef der Staatsholding, die an dem börsennotierten Unternehmen über 28 Prozent der Aktien hält, jedoch nicht mit anderen Affären wie den Schmiergeldskandal Siemens vergleichen: Während es dort um einen Milliardenschaden gegangen sei, gehe es in der Telekom bisher um 18 Millionen Euro.
Der Aufsichtsrat habe in der Kontrolle nicht versagt, meint Beyrer. Die Aufsicht habe ihre Pflichten voll erfüllt. „Wenn es ein System gibt, das so zusammenwirkt, dass es für ein Aufsichtsorgan nicht sichtbar ist, bedarf es manchmal eines Zufalls, damit man hinter die Dinge blicken kann.“
Bewährungsprobe für Beyrer
Für Beyrer, der erst seit 1. Juli ÖIAG-Chef und seit 26. Juli Aufsichtsratspräsident der Telekom ist, galt der außerordentliche Aufsichtsrat als Bewährungsprobe. Beyrer war seit 2004 Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV). Zuvor war er als Leiter der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der Wirtschaftskammer. 1999 bis 2002 arbeitete er als wirtschaftspolitischer Berater im Kabinett von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), also in der schwarz-blauen Koalitionsregierung.
Bereits im Februar hatten Medien berichtet, dass Beyrer 2008 auf Einladung der TA auf einem Jagdausflug im schottischen Hochland gewesen sei, den der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly organisiert haben soll. Die Flugkosten von 21.800 Euro soll die TA gezahlt haben. Abgerechnet wurde laut „profil“ über Hochegger.
Die Annahme der Einladung sei „völlig legitim“ gewesen, so Beyrer in der ZIB2. Er sei damals als Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) für einen „privaten Verein“ tätig gewesen und immer wieder zu ganz unterschiedlichen Dingen eingeladen worden. „Davor oder danach würde ich so eine Einladung natürlich nicht annehmen.“ Die in Medien genannten hohen Kosten für seinen Flug kann sich Beyrer nicht erklären.
Rasinger für „runderneuerten“ Aufsichtsrat
Anlegerschützer Wilhelm Rasinger hatte zuvor erklärt, man müsse Ametsreiter, dem ja nach derzeitigem Informationsstand nichts vorzuwerfen sei, den Rücken stärken. Weiters werde eine klare Ansage, dass die Dinge schonungslos aufgearbeitet werden, nötig sein. Einen Vorstand zur Korruptionsaufarbeitung einzusetzen, wie in Medien kolportiert, davon hält Rasinger allerdings wenig.
Der Telekom-Aufsichtsrat solle personell erneuert werden. Alle Aufseher, die schon fünf Jahre oder länger im Amt seien, sollten ihre Sessel räumen - „nicht als Schuldeingeständnis“, sondern um unbelasteten neuen Aufsichtsräten Platz zu machen. Man sollte nun „in Ruhe“ neue Aufsichtsräte für die nächste Hauptversammlung im Frühjahr 2012 suchen. Die Justiz, die durch Geständnisse und Hausdurchsuchungen viele Unterlagen bekommen habe, solle nun rasch entscheiden, ob sie Anklage erhebe oder die Ermittlungen einstelle. „Im Interesse des Unternehmens und der allgemeinen Kultur ist zügiges Handeln geboten.“
An jene Führungskräfte, die von dem Neun-Millionen-Euro-Bonusprogramm profitierten, richtet er den dringenden Appell, diese „ungerechtfertigte Entlohnung“ zurückzuzahlen und nicht einen Rechtsstreit zu beginnen. „Das ist eine Frage des Anstands, nicht der Gesetze“, betont Rasinger.
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