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Prekäre Situation in Krankenhäusern

In der libyschen Hauptstadt Tripolis ist am Freitagabend der Strom ausgefallen. „Die ganze Stadt ist schwarz“, berichtete eine Korrespondentin der deutschen Nachrichtenagentur dpa. In der Millionenmetropole gebe es auch kein Wasser mehr. In Tripolis machten Gerüchte die Runde, die Versorgung sei aus Furcht vor vergiftetem Wasser unterbrochen worden.

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Auch die Versorgungslage mit Lebensmitteln wird in der Hauptstadt immer dramatischer. Vor den wenigen Geschäften, die noch frische Waren verkauften, bildeten sich lange Schlangen. In anderen Läden sind die Vorräte bereits völlig ausgegangen.

„Chaotische Szenen“

Die Krankenhäuser in Tripolis sind nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mit Verwundeten überfüllt. Fast alle hätten Schussverletzungen. „In den Krankenhäusern, die ich seit dem Beginn der Auseinandersetzungen besucht habe, spielten sich oft chaotische Szenen ab“, berichtete Einsatzleiter Jonathan Whittall nach Angaben der Organisation vom Donnerstag.

„Es gibt einen Mangel an Medizinern in den Einrichtungen, aber es gibt auch eine große Zahl Freiwilliger, die in die Krankenhäuser kommen, um zu helfen, wo sie können. Aber das alles schafft ein sehr chaotisches Umfeld“, sagte Whittall. Neben einer Klinik in Tripolis seien Häuser in eine stationäre Abteilung umgewandelt worden. „In einem dieser Häuser lagen die Patienten auf dem Boden und auf Tischen“, erzählte der Mediziner. „Aber weil Personal fehlte, gab es keine Krankenschwestern, und die Patienten mussten im Wesentlichen für sich selbst sorgen.“ In einer anderen Einrichtung würden Verletzte im Freien vor dem Krankenhaus warten.

Verlassene Betten im Hof eines Krankenhauses

AP/Giulio Petrocco

Zahlreiche Patienten verstorben

Zahlreiche Tote in Spital

Während der Gefechte starben laut einem BBC-Bericht mindestens 200 Patienten eines Krankenhauses in einem umkämpften Viertel wegen fehlender Versorgung. Alex Thomson von Channel 4 News sprach laut „Spiegel Online“ von einem Bild „unbeschreiblichen Grauens“. Überall lägen verwesende Leichen - in Korridoren, Büros, vor dem Gebäude. Wie Reporter berichteten, verlegten Hilfskräfte des Roten Kreuzes am Freitag 17 überlebende Patienten in andere Krankenhäuser der Stadt.

Ärzte berichteten, dem Machthaber Muammar al-Gaddafi treue Heckenschützen hätten bis Donnerstag jeden auf Distanz gehalten, der sich dem Krankenhaus im Viertel Abu Slim nähern wollte. Daher seien die Patienten einer nach dem anderen gestorben. Die überlebenden Patienten, unter ihnen ein Kind, mussten demnach tagelang den Geruch verwesender Leichen ertragen.

„Das ist eine Katastrophe“

Die verlassenen Gänge des Krankenhauses waren mit Blut übersät, wie die Reporter berichteten. Die Leichenhalle war völlig überfüllt, auch in den Krankenzimmern lagen Tote. Etwa 20 Leichname wurden aus Platzmangel auf dem Rasen vor dem Krankenhaus abgelegt.

„Das ist eine Katastrophe“, sagte der Zahnmedizinstudent Mohammed Junis, der in dem Krankenhaus als Pfleger eingesprungen war. „Es gibt keine Medikamente mehr in dem Krankenhaus, kein medizinisches Personal.“ Alle seien aus Angst vor den Scharfschützen geflohen.

„Massiver Treibstoffmangel“

Besserung sei indes in Sicht. „Jetzt, wo die Lage in der Stadt beginnt, sich etwas zu beruhigen, können sich die Krankenhäuser auch um die Patienten kümmern, die es bisher nicht zu ihnen geschafft haben“, berichtete Whittall. Dazu gehörten Verwundete, aber auch Verletzte, die bisher zu viel Angst gehabt hätten, auf die Straße zu gehen, und andere Notfallpatienten.

Schwierigkeiten bereite der „massive Treibstoffmangel“ in Tripolis, berichtete Ärzte ohne Grenzen. „Das ist ein großes Problem, weil der Strom oft ausfällt“, sagte Whittall. Deshalb würden Generatoren eingesetzt, um die Krankenhäuser zu betreiben, aber sie hätten nur sehr begrenzte Treibstoffreserven.

UNO besorgt über Lage in Libyen

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich unterdessen besorgt über das Chaos in Libyen. In einer Videokonferenz mit Vertretern der EU, der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Konferenz brachte Ban die Entsendung einer internationalen Polizeitruppe ins Land ins Spiel. Es sei dringend erforderlich, den Konflikt zu beenden sowie Ordnung und Stabilität wiederherzustellen.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief die Rebellen zur Einhaltung der Menschenrechte aufgefordert. Ashton sagte der Zeitung „Die Welt“ (Samstagausgabe): „Die Opposition muss sicherstellen, dass Zivilisten geschützt und die Menschenrechte in Libyen in vollem Umfang respektiert werden.“ Es sei jetzt an der Zeit einen Prozess einzuleiten, der ein neues Libyen hervor bringt, in dem demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte des Menschen verwirklicht würden.

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