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Ein Leben mit Brüchen

Kürzlich hat die IT-Branche das 30-jährige Jubiläum des IBM-PC gefeiert. Doch wirklich populär gemacht hatten die Apple-Gründer Steve Jobs und Stephen Wozniak das Konzept des Kompaktrechners schon Jahre vorher mit dem Apple II. Seither war Steve Jobs noch an vielen technischen Revolutionen und Machtspielen beteiligt - nicht alle hat er gewonnen. Gerade das macht ihn unersetzlich.

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Nachdem Apple den noch jungen Markt erschwinglicher und kompakter Computer definiert hatte, ging es an den nächsten Schritt: die Umsetzung technischer Visionen von IT-Pionieren der Nachkriegszeit wie Vannevar Bush (Memex) und Douglas Engelbart, dem Erfinder der Computermaus.

Was bis dahin nur in Xerox’ Entwicklungsbüro Palo Alto Research Center existierte - ein vernetzter Computer mit grafischer Benutzeroberfläche und Maus -, konnte Anfang der 1980er Jahre erstmals mit breit vorhandenen Komponenten in Serie gebaut und an den Mann gebracht werden.

Der Mac als Störfall

Der Macintosh, der zum Synonym für dieses Konzept werden sollte, ist seinerseits Ergebnis eines internen Machtkampfs bei Apple. Wie der renommierte IT-Journalist Steven Levy in seinem Buch „Insanely Great“ berichtet, war Jobs vom Management seiner eigenen Firma aus der Entwicklungsgruppe des Business-Computers Lisa - des ersten Apple-Rechners mit grafischer Benutzeroberfläche - gedrängt worden.

„Sein impulsiver Managementstil und sein gewaltiges Ego machten die Leute verrückt“, so Levy. Als Jobs dann auf ein kleines Nebenprojekt des Apple-Ingenieurs Jef Raskin stieß, rächte er sich an seinen internen Gegnern dadurch, dass er mit der ihm eigenen Energie daraus den Macintosh machte.

Neue Projekte

1985 drängte der ehemalige Pepsi-Manager John Sculley Jobs - der ihn zwei Jahre vorher selbst an Bord geholt hatte - aus dem eigenen Unternehmen. Der PC-Desktop sollte Microsoft gehören. Von Jobs’ nächsten Projekten, dem von George Lucas übernommenen Computeranimationsstudio The Graphics Group, dem späteren Pixar, und der Computerfirma NeXT, wurde nur Ersteres zum echten Erfolg, auch wenn das später von Apple gekaufte NeXT wichtige Grundlagen für die spätere Entwicklung von Mac OS X lieferte.

Bis im Jahr 2002 der Nachfolger des Ende der 1990er schon recht angejahrten klassischen Macintosh-Betriebssystems auf dem Markt erschien, ging Apple allerdings durch ein tiefes Tal der Tränen und entging nach der zunächst nur interimistischen Rückkehr von Jobs an die Spitze des Konzerns 1997 nur knapp dem Bankrott, unter anderem auch deshalb, weil Microsoft 150 Millionen Dollar zuschoss und Garantien über die wichtige Weiterentwicklung seines Bürosoftwarepakets Office abgab. Bill Gates brauchte nicht nur Apple als letzten ernstzunehmenden Mitbewerber auf dem Desktop-Computermarkt, er mochte auch den Macintosh. Jobs nutzte die Chance, er arbeitete hart. Schon zum Weihnachtsquartal 1998 schrieb Apple wieder Gewinne.

Karriere mit Problemen

Anders als sein alter Rivale Gates kommt Jobs nicht aus gutem Haus, seine Karriere verlief nicht linear steil nach oben, bis hin zum Ausstieg und zur Selbsttranszendierung als professioneller Philanthrop. Die Brüche in seiner Karriere verleihen ihm eine Autorität, die über das sonst in der Branche übliche Maß an persönlichem Reichtum und Gerissenheit hinausgeht.

Steve Jobs mit einem iPhone

AP/Paul Sakuma

2007: Jobs stellt das erste iPhone vor

Dazu kommt, dass das Motiv des Scheiterns und Wiederaufstehens in der US-amerikanischen Kultur besonders tief verwurzelt ist. Jobs hat mehrere Feuertaufen hinter sich und ist aus ihnen immer noch stärker hervorgekommen. Sein erneuter Rückzug markiert jedenfalls das Ende der stürmischen Gründerzeit der PC-Industrie, zumal es auch er war, der den verstärkten Trend hin zu Mobilgeräten ausgelöst hat, der gerade den traditionellen Herstellern von Rechnern so zu schaffen macht.

Der nicht reproduzierbare Mensch

In einer Branche, die vom Traum der perfekten technischen Reproduzierbarkeit lebt, weist Jobs darauf hin, dass es der Mensch gerade nicht ist. Er hat sich seine Popstar-Ausstrahlung selbst erarbeitet. Das hat nicht nur Bedeutung im Marketing, weil sich diese Ausstrahlung im Rahmen der rituellen Apple-Präsentationen auch auf die Produkte übertrug, es ermöglichte Jobs auch, ein Spitzenteam zu führen, das selbst aus sehr starken Persönlichkeiten wie Chefdesigner Jonathan Ive und Neu-CEO Tim Cook besteht.

Die Funktion, im Zweifelsfall mit starker Autorität die letzte Entscheidung auch für ein riskantes Produkt oder Geschäftsmodell treffen zu können, hat Jobs auch in seiner ersten Auszeit erfüllt, in der Cook Interims-CEO war. Man wusste ja, dass er niemals weg sein konnte. Insofern trägt das Argument, dass Cook Apple bereits erfolgreich geführt habe, nur bedingt. Sollte sich Jobs wieder erholen - und das ist zu hoffen -, wird er diese Funktion auch weiterhin erfüllen.

Günter Hack, ORF.at

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