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„Glücklich ist, wer vergisst“

Als der junge Politiker Robert (Simon Schwarz) mit seiner frisch angetrauten Ehefrau Katharina (Anna Unterberger) zu einem romantischen Wochenende in den Bergen aufbricht, ist die Welt noch in Ordnung. Eine glänzende Zukunft - inklusive gemeinsamen Kindes, Sitzes im Nationalrat für ihn, Karriere als Restauratorin für sie - scheint den beiden sicher.

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Der österreichische Regisseur Peter Payer („Ravioli“, „Freigesprochen“) schickt das Paar in seinem Psycho-Roadmovie „Am Ende des Tages“ auf eine Reise, die von dieser Idylle nur wenig übrig lässt. Denn als Robert mit seiner schwangeren Braut Katharina (Anna Unterberger) mit dem Auto Richtung Tirol aufbricht, heftet sich ein Freund aus Jugendtagen an seine Fersen, den er lieber für immer vergessen hätte.

Wer ist Manuela?

Wolfgang (Nicholas Ofczarek) hat es eindeutig schlechter getroffen als Robert, mit dem er im Simmeringer Gemeindebau aufgewachsen ist. Alkoholismus, Gefängnisstrafen wegen schwerer Körperverletzung und eine stagnierende Karriere als Autoknacker sind so ziemlich alles, was er in seinem Leben erreicht hat. Zerstört hat ihn ein Ereignis in seiner Jugend - das dunkle Geheimnis, das Robert so erfolgreich verdrängt, das ihm aber zum Verhängnis werden könnte: Das Verschwinden der dreizehnjährigen Manuela.

Robert (Simon Scharz) steht vor seinem Auto mit Pistole in der Hand

Thimfilm

Simon Schwarz als „warmer Wind“ in der österreichischen Politik

Vergangenheitsbewältigung im Frauenoutfit

Obsessiv verfolgt er nun - zwanzig Jahre später - das Paar von der Wiener Westausfahrt bis zur modernen Architektenalmhütte im Gebirge, von Station zu Station bricht der Wahnsinn mehr aus ihm heraus. Irgendwo im Salzkammergut ist es dann vorbei mit dem Simmeringer Prolooutfit: Wolfgang verwandelt sich zunehmend in die mysteriöse Manuela - mit Stöckelschuhen, Lippenstift und Ohrringen.

Seinen Hals ziert ein Goldketterl mit „Manuela“-Anhänger im Stil von Thomas Anders’ legendärer „Nora“-Kette, seinen Unterarm ein ähnliches Tattoo. Ofczarek, der für die groteske Seite des Films verantwortlich zeichnet, darf sein Talent für durchgeknallte Typen hemmungslos ausleben.

Die Fratze hinter der Hochglanzfassade

Doch auch Robert verändert sich frappant: Von seiner glatten Hochglanzfassade und den hohlen Politikerphrasen ist bald nichts mehr übrig. Er beginnt seine Nägel zu beißen, schreit herum und verliert beim „Profil“-Telefoninterview - eine Szene, in der Schwarz brilliert - schließlich vollkommen jegliche Contenance.

Katharina (Anna Unterberger) hält eine Pistole in der Hand

Thimfilm

Millionärstöchterchen Katharina (Anna Unterberger) lernt eine völlig neue Seite ihres Mannes kennen

Kommentar zu österreichischen Politaffären

„Glücklich ist, wer vergisst“, der Titel des Operettenschlagers, zu dem das junge Paar - noch glücklich - im Film tanzt, wird zum Schlüsselsatz des Thrillers, mit dem Payer unverkennbar auf österreichische Politaffären anspielt - Spesenaffären, Upgrades auf Business-Class-Flüge und Ähnliches wecken vertraute Erinnerungen. Aber auch Schuld und Sühne stehen als Themenkomplex im Zentrum seines Films: die Frage, wie der Umgang mit der Schuld zwanzig Jahre später verarbeitet wird, wurde - oder auch nicht.

Hinweis

„Am Ende des Tages“ von Peter Payer, mit Simon Schwarz, Nicholas Ofczarek und Anna Unterberger, ist ab Freitag im Kino zu sehen.

Die vom Regisseur angestrebte Fallhöhe von Robert und Katharina - als glückliches Paar zwischen Politkarriere und Familie - gelingt ihm nicht zur Gänze, dafür sind die Rollenbilder zu wenig empathieweckend. Auch die Genreverbindung zwischen Psychothriller und Politgroteske holpert das eine oder andere Mal. Trotzdem: Der Film bleibt bis zuletzt spannend. Und das zählt ja „am Ende des Tages“.

Sophia Felbermair, ORF.at

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