„Spiegel“: Linzer Ex-Superintendent lobte Eichmann

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Der frühere Linzer Superintendent Wilhelm Mensing-Braun soll sich über den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 1960 für den Holocaust-Organisator Adolf Eichmann eingesetzt haben. Das geht laut dem deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ aus Akten im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes (AA) zur Zeit von Konrad Adenauer in Berlin hervor.

Eichmann hatte „gütiges Herz“

Darin findet sich ein Schreiben Mensing-Brauns an das kirchliche Außenamt in Frankfurt am Main. Der Superintendent bescheinigte dem in Linz aufgewachsenen Massenmörder eine „grundanständige Gesinnung“, ein „gütiges Herz“ und „große Hilfsbereitschaft“.

Mensing-Braun konnte sich „nicht vorstellen“, dass der ehemalige SS-Obersturmbannführer „je zu Grausamkeit oder verbrecherischen Handlungen fähig gewesen wäre“. Der aus Deutschland stammende evangelisch-lutherische Theologe war von 1941 bis 1966 Superintendent in Linz.

Hilfe zur Prozessverlegung

Eichmann war, kurz bevor Mensing-Braun sein Schreiben verfasst hatte, von den Israelis aus Argentinien nach Israel entführt worden. Seine Geschwister wollten erreichen, dass ein internationaler Gerichtshof und nicht ein israelisches Gericht den Fall verhandelte. Sie hatten daher Mensing-Braun um Hilfe gebeten.

Tatsächlich leitete Bischof Hermann Kunst, Vertreter der EKD bei der deutschen Bundesregierung, das Schreiben Mensing-Brauns an das AA mit dem Hinweis weiter, das Votum sei „mindestens interessant“. Doch der Vorstoß war erfolglos. Eichmann wurde 1962 in Jerusalem verurteilt und hingerichtet.