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Israel bedauert den Tod der Ägypter

Nach dem israelischen Angriff im Grenzgebiet zu Ägypten sind die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten so angespannt wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Die Regierung in Kairo verurteilte den Vorfall am Samstag als Verstoß gegen den Friedensvertrag von 1979 und rief ihren Botschafter aus Israel zurück.

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Israels Verteidigungsminister Ehud Barak versuchte dem Nachbarland entgegenzukommen und äußerte sein Bedauern über den Tod der fünf ägyptischen Sicherheitskräfte. Die Arabische Liga setzte für Sonntag eine Sondersitzung an, um über die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen zu beraten.

Offizielle Entschuldigung gefordert

Israel sei für den Angriff an der Grenze im Sinai politisch und juristisch verantwortlich, erklärte das ägyptische Kabinett. Zudem verlangte es eine offizielle Entschuldigung für die israelischen Vorwürfe, die ägyptische Führung schotte die Grenze auf der Halbinsel am Roten Meer nicht ausreichend gegen palästinensische Attentäter ab. Am Donnerstag hatten mutmaßlich palästinensische Täter israelische Fahrzeuge in der Nähe von Eilat angegriffen und dabei mehrere Menschen getötet.

Demonstranten vor Israelischer Botschaft in Ägypten

AP/Amr Nabil

Proteste vor der israelischen Botschaft in Kairo

Das Land am Nil hat seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags erst zweimal seinen Botschafter aus Israel abgezogen: 1982 wegen des israelischen Einmarsches in den Libanon und 2000 wegen massiver israelischer Angriffe auf den Gazastreifen.

Israel um Beruhigung bemüht

Barak erklärte, er habe die Armee angewiesen, den Vorfall gemeinsam mit Ägypten zu untersuchen. Die Regierung in Jerusalem versuchte, damit der Abberufung des ägyptischen Repräsentanten zuvorkommen. „Wir hoffen, dass der Botschafter nicht zurückgeholt wird“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Der Diplomat halte sich noch in Tel-Aviv auf.

Ein hochrangiger Vertreter des Verteidigungsministeriums sagte, der Friedensvertrag mit Ägypten sei „ein grundlegendes Element der israelischen Existenz“. Eine Untersuchung müsse aber erst noch klären, wer das Grenzpersonal getötet habe, sagte Verbindungsoffizier Amos Gilad. Basis für die Beziehungen zu dem Nachbarland seien „Dialog und Zusammenarbeit“. „Kein israelischer Soldat richtet seine Waffe mit Absicht auf einen ägyptischen Polizisten oder Soldaten“, sagte Gilad Radio Israel. „Vielleicht haben Terroristen auf sie gefeuert, oder irgendetwas anderes ist passiert.“

Demonstranten vor Israelischer Botschaft in Ägypten

AP/Amr Nabil

Ägyptische Demonstranten fordern die Ausweisung des israelischen Botschafters

In Kairo setzten einige hundert Ägypter ihre Proteste vor der israelischen Botschaft fort. Sie verbrannten nach den Freitagsgebeten israelische Flaggen, durchbrachen Absperrungen und verlangten eine Ausweisung des israelischen Diplomaten. Einem Demonstranten gelang es Sonntagfrüh, in einer waghalsigen Kletteraktion die israelische Flagge vom Fenster der israelischen Botschaft in einem Hochhaus in Kairo zu entfernen und sie durch die ägyptische zu ersetzen.

Auch in Jordaniens Hauptstadt Amman demonstrierten Samstagabend Hunderte gegen die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen. Nach dem Nachtgebet in einer Moschee nahe der israelischen Vertretung versammelten sie sich und forderten die Ausweisung des israelischen Botschafters.

Nahost-Quartett warnt vor Eskalation

Das Nahost-Quartett warnte angesichts der Entwicklungen vor einem „Risiko der Eskalation“ und forderte alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Die internationalen Vermittler der UNO, der EU, der USA und Russlands verurteilten am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung die Anschläge in Israel. Sie sprachen von einem „feigen Akt“ und „vorsätzlichem Terrorismus“. Zugleich äußerte sich das Quartett besorgt über die „unhaltbare Situation“ im Gazastreifen und die Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel.

Bei dem Angriff in der Nacht zum Freitag wurden ägyptischen Angaben zufolge fünf Sicherheitskräfte des Landes getötet, darunter ein Armeeoffizier. Zwei der sieben Verwundeten seien inzwischen ihren Verletzungen erlegen, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur MENA. Die israelische Armee verfolgte nach einem Attentat in der Nähe des israelischen Badeortes Eilat an der Grenze die mutmaßlichen palästinensischen Täter. Anschließend flog das Militär auch mehrere Angriffe auf den Gazastreifen. Dabei wurden mindestens 15 Menschen getötet.

Gefährliches Machtvakuum

Die Sinai-Halbinsel war schon vor der Entmachtung von Präsident Hosni Mubarak im Februar immer wieder Ausgangspunkt für Attentate in Ägypten, aber auch in Israel. Seither spitzte sich die Lage weiter zu. Die nach dem Machtumsturz in Schwebe befindliche politische Lage führte zu einer gelockerten Kontrolle auf der Halbinsel, die vor allem Schmuggler, korrupte Polizisten und militante Islamisten zusehends ausnutzen.

Ägypten war der erste und bis zum Friedensschluss mit Jordanien 1994 einzige arabische Staat, der einen Vertrag mit Israel unterzeichnete. Seit Mubaraks Sturz wirft Israel dem Nachbarland vor, beim Grenzschutz nachgelassen zu haben. Dem Friedensvertrag zufolge darf Ägypten nur eine bestimmte Zahl von Sicherheitskräften auf der Halbinsel stationieren.

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