Ex-Chef der Deutschen Bahn als Nachfolger
Der Chef von Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft, Air Berlin, Muttergesellschaft der Lauda-Airline Flyniki (Niki), wirft das Handtuch. Joachim Hunold habe seinen Rücktritt zum 1. September angeboten, teilte Air Berlin am Donnerstag in London mit. Als seinen Interimsnachfolger habe er den ehemaligen Deutsche-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn vorgeschlagen, Mitglied im Aufsichtsrat von Air Berlin.
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Der heute 61-jährige Hunold hatte Air Berlin 1991 gegründet und in den Folgejahren zur zweitgrößten Fluggesellschaft aufgebaut. Hunold sagte, er habe für sich entschieden, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel an der Air-Berlin-Spitze gekommen sei. Ein Nachfolger könne nun „unbelastet“ den eingeleiteten Sparkurs fortsetzen.
Für den 2009 als Bahn-Chef zurückgetretenen Mehdorn erfüllt sich mit Hunolds Vorschlag spät ein Traum: Er hatte nie ein Hehl aus seiner Vorliebe für die Fliegerei gemacht. Oft war die Lufthansa für ihn das Vorbild für die Bahn. Doch sein Plan, dort ein Preissystem analog zur Luftfahrt zu schaffen, scheiterte. Mehdorn gehört bereits dem Board of Directors von Air Berlin an, ohne bisher operative Aufgaben zu haben. Auf eine solche Rolle will sich Hunold nun zurückziehen. Er hatte es nie geschafft, einen Nachfolger aufzubauen. Mit Mehdorn verbindet ihn eine lange Freundschaft.

AP/Thomas Peter
Joachim Hunold startete seine Karriere als Gepäckverlader
Streckennetz wird ausgedünnt
In jüngster Zeit lief das Geschäft bei Air Berlin schlecht. Vor der Ankündigung seines Rücktritts hatte Hunold am Donnerstag mitgeteilt, dass Air Berlin unrentable Strecken streichen und seine Flotte verkleinern werde.
Air Berlin will nach jahrelanger Expansion und hohen Verlusten auf Schrumpfkurs gehen. „Um profitabel zu werden, müssen wir Einschnitte in unser Streckennetz und in unserer Flotte vornehmen“, hatte Hunold am Donnerstag angekündigt. Unrentable Verbindungen wie die von Frankfurt nach Hamburg und von Stuttgart nach St. Petersburg sollen wegfallen. In erster Linie betreffe das Sparprogramm aber kleinere Flughäfen wie Münster/Osnabrück, Köln/Bonn und Paderborn, von denen künftig weniger Air-Berlin-Maschinen starten. Erfurt fällt komplett aus dem Streckennetz.
Wien bleibt Drehkreuz
Gleichzeitig wird die Flotte um acht Flugzeuge verkleinert. Gegenüber den bisherigen Planungen will die Airline ihre Kapazitäten damit um fünf Prozent reduzieren. 2012 sollen gut 16.000 Flüge und rund 2,2 Millionen Sitzplätze wegfallen. Air Berlin will sich auf stark frequentierte Strecken und seine vier europäischen Drehkreuze Berlin, Düsseldorf, Wien und Palma de Mallorca konzentrieren.
Vor allem die beiden deutschen Airports sind wichtig. Von ihnen bietet die Fluglinie Langstreckenflüge an. Zubringerflüge aus Deutschland und Europa sollen dafür sorgen, dass die großen Interkontinentalmaschinen dort auch voll werden. „Unsere Drehkreuze funktionieren bereits, und wir bauen sie weiter aus“, sagte Hunold.
Keine schwarzen Zahlen in Sicht
Schwarze Zahlen sind trotz der Maßnahmen nicht in Sicht: Im laufenden Geschäftsjahr werde Air Berlin operativ „wohl noch nicht in die Gewinnzone zurückkommen“, sagte Hunold. Für die Turbulenzen macht Deutschlands zweitgrößte Airline nach der Lufthansa den hohen Ölpreis, die neue Luftverkehrssteuer und die Unruhen in Nordafrika verantwortlich. Nach Einschätzung von LBBW-Analyst Per-Ola Hellgren haben diese Faktoren das Geschäftsmodell der Airline zerstört. Das vorgestellte Programm erscheine auf den ersten Blick vernünftig, jedoch müsse abgewartet werden, wie es sich auswirke.
Air Berlin hatte im zweiten Quartal einen Fehlbetrag von 32 Millionen Euro nach 28 Millionen Euro Verlust ein Jahr zuvor eingeflogen. Gleichzeitig stieg der Schuldenstand bis Ende Juni auf 616 Millionen Euro von 493 Millionen Euro.
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