Ein Dieb mit patriotischen Motiven
Dass die „Mona Lisa“ weltberühmt geworden ist, verdankt sie einem italienischen Anstreicher. Vincenzo Peruggia wollte angeblich seine Angebetete beeindrucken, indem er „La Gioconda“ aus dem Louvre in Paris stahl und in ihre Heimat zurückbrachte. Stattdessen landete der junge Italiener im Gefängnis, und zahlreiche Fragen blieben ungeklärt.
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Der 31 Jahre alte Peruggia versteckte sich Überlieferungen zufolge an einem Sonntag im August 1911 in einem Schrank, als er im Louvre arbeitete. Am nächsten Morgen zog er einen weißen Kittel an, wie ihn die Mitarbeiter des Museums trugen, und ging seelenruhig durch die Ausstellungsräume. Weil das Museum geschlossen hatte, war kaum jemand im Louvre unterwegs. Sobald die Luft im Salon Carre rein war, hängte der junge Mann die „Mona Lisa“ ab und versteckte sich mit dem Bild unter einem Treppenabsatz. Er löste das Ölbild aus dem Rahmen und spazierte nach draußen, als der Portier gerade nicht hinschaute.
Empörung in der Öffentlichkeit
Die Öffentlichkeit war empört über den dreisten Diebstahl, der wochenlang auf Seite eins der Zeitungen stand. Souvenirhändler verkauften vor dem Museum Postkarten der „Mona Lisa“, während an ihrem Platz im Louvre nur noch die bloße Wand zu sehen war. Der Museumsdirektor wurde abgelöst, in der nächsten Auflage des Kataloges war „La Joconde“ nicht mehr aufgeführt - erst durch Peruggias Diebstahl wurde das heute fünfhundert Jahre alte Bild weltberühmt.
Vergeblich ging die Polizei jedem Hinweis und jedem Gerücht über das Kunstwerk nach. Sogar Pablo Picasso wurde verhört, und der surrealistische Dichter Guillaume Apollinaire musste einige Tage im Gefängnis verbringen. Picasso, damals ein junger Künstler, hatte Jahre zuvor kleine iberische Statuen von dem Belgier Honore Joseph Gery gekauft, der zeitweise bei Apollinaire angestellt war und die Statuen aus dem Louvre entwendet hatte.
Verhaftung bei Übergabe
Ende November 1913 erhielt der italienische Kunsthändler Alfredo Geri einen Brief, in dem ihm der mit „Leonardo“ unterzeichnende Absender Leonardo da Vincis Meisterwerk anbot. Bei der Übergabe in Florenz wurde der Dieb verhaftet.
Er beteuerte, er habe das Kunstwerk aus patriotischen Gründen gestohlen, um es der italienischen Nation zurückzugeben. Er wollte es für eine halbe Million Lire verkaufen - unter der Bedingung, dass es dann in den Uffizien in Florenz ausgestellt würde.
Manches ist an dem Jahrhundertraub ungeklärt. „La Joconde“, wie die Franzosen die „Mona Lisa“ nennen, ist zwar klein, aber nicht leicht. Da Vinci hatte sie auf Pappelholz gemalt, eine durchaus gängige Praxis zur Zeit der Renaissance. Sie war durch einen massiven Holzrahmen verstärkt und durch einen verglasten Kasten geschützt. Ein durchaus schweres Objekt, für einen Mann allein, zumal Peruggia von kleiner und schmaler Statur war.
Jubelnde Menschen bei Entlassung
Für seine Tat verurteilte das Gericht Peruggia zu sieben Monaten Haft. Als er das Gefängnis verließ, wurde er von einer Menschenmenge jubelnd begrüßt. Peruggia starb 1947 in Frankreich. Ob er allein gehandelt hatte oder mit Komplizen, ob er wirklich in London versucht hatte, die „Mona Lisa“ zu verkaufen, wie er in einem der vielen Verhöre angab, wurde nie geklärt.
Auch Spekulationen über mögliche Auftraggeber standen im Raum. 1932 deckte eine US-Zeitung auf, dass sich der Brasilianer Eduardo de Valfierno mit einem Kunstfälscher zusammengetan habe, der Kopien der „Mona Lisa“ anfertigte. Nach dem Diebstahl habe De Valfierno die Kopien als das gestohlene Original ausgegeben und an fanatische Kunstliebhaber verkauft - für 300.000 Dollar pro Stück. Der Diebstahl habe nur als Deckung dafür gedient.
Keine Auskunft über Sicherheitsmaßnahmen
Heute wäre ein solcher Diebstahl unmöglich. „Mona Lisa“ ist das Aushängeschild des Louvre - die meisten Besucher, die zum ersten Mal in das Museum kommen, folgen einfach den Pfeilen, die mittlerweile zu ihr führen. Tausende Menschen schieben sich tagtäglich durch den Ausstellungsraum. Seit Jahren schützt eine Panzerglasscheibe das Ölbild, „aus Sicherheitsgründen“ gibt das Museum keine Auskunft dazu, wie die „Joconde“ heute genau gesichert ist.
Nicht einmal mehr reisen lässt der Louvre die „Mona Lisa“. Als im Frühjahr eine italienische Kunstgeschichtsvereinigung für eine Ausstellung anfragte, winkte das französische Museum ab. Für einen Transport sei das Bild viel zu „zerbrechlich“, teilte Vincent Pomarede seinerzeit mit, der für die Abteilung Gemälde im Louvre verantwortlich ist. Mit dem Streit um die „Joconde“ zwischen Italien und Frankreich habe das nichts zu tun - weil Da Vinci mit dem Bild vermutlich in Italien begann und es in Frankreich fertigstellte, zankten sich die Nachbarländer schon vor Peruggias Diebstahl darum, wem sie gehört.
Letzte Reise in den 1970er Jahren
„Wenn wir die ‚Joconde‘ nicht verleihen, dann weil sie äußerst zerbrechlich ist und bei einer Reise nicht wiedergutzumachenden Schaden nehmen könnte“, sagte Pomarede. „Ein Transport ist vollkommen undenkbar.“ Zuletzt war „Mona Lisa“ 1974 für eine Ausstellung in Japan auf Reisen gegangen, davor war das Gemälde 1963 in den Vereinigten Staaten, weitere Leihgaben verweigerte der Louvre. Schließlich ist sie ja auch das bekannteste Ausstellungsstück, wie Pomarede sagt. „Wenn wir sie nicht zeigen könnten, würde uns das in große Schwierigkeiten bringen.“
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