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Coop will „Zeichen setzen“

„Genug ist genug.“ Mit diesem Slogan wirbt der Schweizer Supermarktbetreiber Coop derzeit bei seiner Kundschaft um Verständnis dafür, dass Dutzende internationale Markenartikel bis auf Weiteres nicht mehr im Sortiment zu finden sind. Hintergrund der ungewohnten Maßnahme war der zuletzt hohe Kurs des Schweizer Franken, der nicht zuletzt dem Detailhandel des Landes zunehmend zu schaffen macht.

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Da man sich mit den „Wechselkursprofiteuren“ nicht auf niedrigere Preise einigen konnte, werden bei Coop in einem ersten Schritt nun 95 Produkte von L’Oreal, Mars und Ferrero aus den Regalen genommen. Mit der auch auf der Firmen-Website beworbenen Aktion wolle man „ein Zeichen setzen“, wie Coops Einkaufs- und Marketingchef Jürg Pernitz laut „SonntagsZeitung“ betonte. Gleichzeitig wollte Pernitz nicht ausschließen, dass in den kommenden Tagen weitere Topmarken, etwa von Beiersdorf und Danone, ebenfalls aus dem Sortiment fallen könnten: Die Chancen „stehen bei 50 Prozent“.

Billigen Euro nicht weitergegeben

Konkret werfen die großen Schweizer Detailhändler den Importeuren großer internationaler Konzerne vor, die billigen Euro-Preise nicht weiterzugeben. Der Einkaufspreis liege laut einem Bericht des Schweizer Fernsehens (SF) „zum Teil massiv über dem Verkaufspreis im Ausland“. Damit die gestrichenen Produkte wieder in den Regalen seiner Filialen landen, erwartet Coop nun Preisreduktionen von bis zu 20 Prozent.

„Völlig unrealistisch“

Beiersdorf wies die Vorwürfe laut Medienberichten scharf zurück. Demnach habe das Unternehmen bereits Anfang 2011 Währungsvorteile an Schweizer Großverteiler weitergegeben und wolle das auch künftig so handhaben. Geforderte Preissenkungen in zweistelliger Prozenthöhe seien allerdings „völlig unrealistisch“.

L’Oreal nahm die Reaktion von Coop „zur Kenntnis“. Gleichzeitig wurde laut „Basler Zeitung“ („BAZ“) betont, dass im Zusammenhang mit dem starken Franken die Rabatte und Lieferpreise bereits deutlich verbessert worden seien. Mars zeigte sich den Angaben zufolge überzeugt, eine „konstruktive Lösung“ finden zu können, wollte zu den „laufenden Verhandlungen“ aber nicht weiter Stellung nehmen.

Wer sind die „großen Abzocker“?

Mit Blick in Schweizer Medien sorgt die Vorgangsweise durchaus für Erstaunen. „Das gab’s noch nie“, war etwa in der „BAZ“ über den Coop-Vorstoß zu lesen. Dabei sorgt das Thema bereits seit Wochen für Schlagzeilen. Im Schweizer Wirtschaftsmagazin „Cash“ wurde etwa Ende Juli die - unbeantwortete - Frage gestellt, wer die Nutznießer des Franken-Hochs und somit die „großen Abzocker“ seien.

Ungeachtet dessen, dass sich „jeder den Schwarzen Peter zuschiebt“, sei es nach Ansicht der zuständigen Behörden aber nicht zuletzt der Job der Detailhändler, „hart zu verhandeln“ und für ihre Kunden das Beste rauszuholen. Der Chef der Wettbewerbskommission, Rafael Corazza, betonte laut „BAZ“ aber auch, dass das Streichen von Produkten durchaus ein legitimes Verhandlungsmittel sei.

„Lassen uns nicht alles bieten“

Rückendeckung kam in dieser Frage auch vonseiten der Politik. „Wir lassen uns in diesem Land bezüglich der Importpreise von den internationalen Herstellern nicht alles bieten“, betonte etwa der Schweizer Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, der bei einem runden Tisch vor rund einer Woche ebenfalls einen möglichen Boykott bestimmter Produkte zur Sprache brachte.

Bereits in Arbeit sei Medienberichten zufolge zudem ein neues Wettbewerbsrecht. Ziel sei es, den Markenlieferanten die Verhandlungsmacht und dem Detailhandel die Abhängigkeit von einem Importeur zu nehmen. Angestrebtes Ziel sei es unter anderem, den eigenständigen Einkauf im Euro-Raum zu forcieren.

„Sehr erfreuliche Geschichte“

Im Vergleich zum Vorjahr sieht sich der Schweizer Einzelhandel laut „SonntagsZeitung“ heuer bereits mit einem Minus von 3,5 Prozent konfrontiert. Einer der Gründe sei nicht zuletzt im zunehmenden Einkaufstourismus zu finden, da der starke Franken immer mehr Schweizer Konsumenten ins grenznahe Ausland lockt. Die Konjunkturforschungsstelle BAK Basel Economics rechnet damit, dass die Schweizer Haushalte im Jahr 2011 rund 310 Millionen Franken (279 Mio. Euro) mehr für Lebensmittel im grenznahen Ausland ausgeben als im vergangenen Jahr.

Zu den Profiteuren zählt auch Vorarlberg, wo derzeit eine deutliche Zunahme an Schweizer Kundschaft registriert wird. Laut Julius Moosbrugger, Gremialgeschäftsführer für den Bereich Lebensmittelhandel in der Vorarlberger Wirtschaftskammer (WKV), ist der hohe Franken-Kurs gegenüber dem Euro gerade für den Einzelhandel „eine sehr erfreuliche Geschichte“.

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