Überlebende: Breivik hatte Kamera
Der mutmaßliche Terrorattentäter von Norwegen, Anders Behring Breivik, hat sein Massenmorden auf der Ferieninsel Utöya möglicherweise selbst gefilmt. Polizeistaatsanwalt Pal-Fredrik Hjort Kraby bestätigte gegenüber norwegischen Medien, dass mehrere Überlebende des Massakers berichteten, Breivik habe eine Kamera bei sich gehabt.
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Außerdem habe der mutmaßliche Täter in seinem „Manifest“ von einer Kamera geschrieben und die Bedeutung filmischer Dokumentation betont, so der Behördenvertreter. Hjort Kraby sagte gegenüber der Tageszeitung „Adresseavisen“, die Polizei habe mehrere hundert elektronische Aufnahmegeräte, darunter Handys und Kameras, auf Utöya sichergestellt.
Bewusst versteckt?
Derzeit würden diese Geräte untersucht und aufgenommenes Material von einem speziellen Team analysiert. Es sei aber noch keine Kamera gefunden worden, die ausdrücklich zeigt, wo der Verdächtige gewesen ist, oder die er selbst verwendet habe, zitierte die Zeitung den Polizeianwalt. Die Ermittler schließen nicht aus, dass auf der immer noch zur Spurensicherung gesperrten Insel in einem Fjord nordwestlich von Oslo noch eine möglicherweise bewusst versteckte Kamera gefunden werden könnte.

Reuters/Fabrizio Bensch
Die Insel Utöya vom Festland aus betrachtet
Bei Tat unter Drogen gestanden
Breivik stand während seiner Taten am 22. Juli unter dem Einfluss von Drogen. Ein Polizeisprecher bestätigte am Wochenende gegenüber dem Norwegischen Rundfunk (NRK), dass in den bei dem 32-Jährigen nach seiner Festnahme genommenen Blutproben Rauschmittel nachgewiesen werden konnten. Breivik sei „unter Einfluss“ gestanden, sagte Polizeistaatsanwalt Christian Hatlo gegenüber NRK. Dazu, um welche Mittel oder Stoffe es sich dabei gehandelt habe, wolle er sich im Detail nicht äußern.
77 Tote und zahlreiche Verletzte
Bei einem mutmaßlich von Breivik ausgeführten Bombenanschlag auf das Regierungsviertel in Oslo und dem Massaker auf der rund 40 Kilometer entfernten Insel Utöya wurden insgesamt 77 Menschen getötet und fast ebenso viele unterschiedlichen Grades verletzt. Auf Utöya hatte das traditionelle Feriencamp der Sozialdemokratischen Parteijugend stattgefunden.
Laut der Onlineausgabe von „Verdens Gang“ handelte es sich unter anderem um anabole Steroide sowie eine hohe Konzentration von Koffein. Der Verteidiger Breiviks, Geir Lippestad, sagte, sein Mandant habe erklärt, vor dem Doppelattentat einen „Medikamentecocktail“ geschluckt zu haben.
Polizei: Breivik hält Informationen zurück
Breivik hat nach dem derzeitigen Ermittlungsstand der Polizei sehr wahrscheinlich alleine gehandelt. „Wir versuchen, sämtliche mutmaßliche Komplizen zu identifizieren“, sagte Staatsanwalt Christian Hatlo der Nachrichtenagentur AFP am Samstag, „bis jetzt deutet aber alles darauf hin, dass er allein war“. Es sei im Moment aber noch zu früh, um weitere Helfer gänzlich ausschließen zu können, sagte Hatlo. Denkbar sei etwa, dass der Norweger für seine Taten illegal Material kaufte und seine Verkäufer von den Anschlagsplänen wussten.
Die Polizei geht allerdings davon aus, dass Breivik Informationen zurückhalte, die zu Komplizen führen könnten, sagte Hatlo. Zudem wolle die Polizei seine Finanzen noch stärker unter die Lupe nehmen.
Breivik will Gespräch mit Pfarrer
Breivik, der nunmehr seit über zwei Wochen in Isolation in Untersuchungshaft sitzt, hat unterdessen um ein Gespräch mit dem Gefängnispfarrer gebeten. Sein Mandant spüre die Härte der vom Richter angeordneten Isolation, sagte Breiviks Anwalt Lippestad am Montag der Zeitung „Aftenposten“ (Onlineausgabe).
Der rechtsradikale Islamhasser, den die Polizei als christlichen Fundamentalisten eingestuft hat, befindet sich im Gefängnis unter strenger Beobachtung, weil die norwegische Polizei einen Selbstmordversuch befürchtet.
Unterdessen nahmen die beiden Psychiater ihre Arbeit auf, die die Zurechnungsfähigkeit des 32-Jährigen untersuchen sollen. Bis zum 1. November soll ein Gutachten der Sachverständigen über den Geisteszustand des Attentäters vorliegen. Breiviks 1.500-seitiges Manifest dürfte ein wichtiger Schlüssel bei den Bemühungen sein, den Täter und seine Motive einzuschätzen.
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