Renditen für Staatsanleihen reduziert
Mit dem Beginn des Kaufs von italienischen und spanischen Anleihen hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag die gewünschte Wirkung erzielt. Die stark gestiegenen Renditen für Staatsanleihen in Italien und Spanien gingen unter die als kritisch bewertete Sechs-Prozent-Marke zurück. Händlerangaben zufolge investierte die EZB zwischen zwei und fünf Mrd. Euro.
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Unumstritten ist der Schritt der EZB, der lange als Tabu galt, aber nicht. Vor allem der deutsche Bundesbank-Chef Jens Weidmann und drei weitere EZB-Mitglieder nordeuropäischer Länder hatten sich gegen eine Ausweitung des Anleihenkaufprogramms gestellt.
Kauf von Anleihen
Die EZB startete im Mai 2010 mit dem Kauf von griechischen, irischen und portugiesischen Anleihen und investierte Schätzungen zufolge über 70 Milliarden Euro. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Am Montag kamen Händlern zufolge auch Anleihenkäufe aus Spanien und Italien dazu.
Sie befürchten einen Verlust der politischen Unabhängigkeit der EZB und einen Reputationsverlust durch eine dauerhafte Defizitfinanzierung von Staaten, die mit einer allzu laschen Haushaltspolitik gegen den Stabilitätspakt verstoßen haben. Unklar sind auch die finanziellen Folgen für die EZB.
Als weiteres Argument wurde auch vorgebracht, dass Italien in den fünf Jahren vor der Währungsunion im Schnitt sieben Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung für Schuldzinsen aufbringen musste - heute sind es rund fünf Prozent, berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Fahrplan von Politik gefordert
Dieses Dilemma ist seit dem Beginn des Anleihenkaufprogramms kaum zu lösen, denn die EZB ist nun de facto auf die Politik angewiesen, dass die Regierungen der Euro-Zone alles unternehmen, um die Schuldenkrise einzudämmen. „Wir wollen von der Politik einen klaren Fahrplan, bis wann der Rettungsschirm EFSF vollständig aktiviert und bereit ist, Anleihen von Schuldenländern zu übernehmen“, sagte ein Zentralbanker gegenüber Reuters.
Uneinigkeit über Rolle von EFSF
Die EZB vertraue bei ihren Stützungskäufen auf dem Anleihenmarkt auf die Zusicherung der Politik, dass der EFSF diese Rolle übernehmen werde, so der Chefökonom des deutschen Ifo-Instituts, Kai Carstensen. Über die Rolle des EFSF sind sich aber Deutschland und Frankreich nicht einig.
Während Paris Bereitschaft zeigt, den EFSF bei Bedarf aufzustocken, kommt aus Berlin ein Nein - die finanzielle Ausstattung des Rettungsfonds bleibe bei dem vereinbarten Volumen von 440 Mrd. Euro. Die deutsche Regierung habe keine Hinweise darauf, dass die EZB die Papiere an den Euro-Rettungsfonds EFSF weiterreichen könne, sobald dieser mit einem neuen Mandat zum Aufkauf von Staatspapieren ausgestattet sei, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin.
„Löschaktion“ löst Probleme nicht
Unter Experten herrscht Uneinigkeit, wie die „Feuerwehrlöschaktion“ der EZB zu bewerten ist. Denn eine Eskalation könne dadurch zwar eingedämmt werden, das Problem werde aber nicht gelöst, so der Tenor unter Experten. Es sei ein „wichtiger Schritt“, aber keine „Lösung des Problems“, sagte etwa der Chefanalyst der Raiffeisen Bank International, Peter Brezinschek im Ö1-Interview - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Es gebe zwar Vertrauen in die Sanierungsschritte von Italien und Spanien zurück. Die Vorgaben der EZB wurden damit allerdings bei weitem überschritten, analysierte Brezinschek. Es sei nicht „die ursprüngliche Aufgabe einer Zentralbank, marode Staaten zu finanzieren“. Carstensen sieht darin ein falsches Signal der „Ad-hoc-Maßnahmen“: „Die Politik lässt alles immer so lange anköcheln, bis es anbrennt. Dann kommt die EZB.“
Weniger problematisch schätzt der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts IMK, Gustav Horn, das EZB-Programm. Er sieht keinen Verlust der Unabhängigkeit. Es sei umso wichtiger, dass die Zentralbanken hinter den Regierungen stehen.
EZB in Erklärungsnot
Zunehmend komme die EZB in Erklärungsnotstand, monieren Kritiker. Bisher verteidigte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die Anleihekäufe damit, die Geldpolitik der EZB am Markt dadurch sicherstellen zu wollen. Dieses Argument hält nun aber nicht mehr. Zum einen hätte die EZB dann auch in den vergangenen vier Monaten aus diesem Grund irische und portugiesische Anleihen kaufen müssen. Zum anderen zeige die Ausweitung des Anleihenkaufs auf italienische und spanische Anleihen, dass damit die Finanzierungsbedingungen der Krisenstaaten stabilisiert werden sollten, so Kritiker.
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