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Entwicklungsarbeit „all-inclusive“

Immer mehr junge Menschen wollen das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden - reisen und gleichzeitig armen Menschen helfen. Reiseunternehmen bieten im Pauschalpaket die Möglichkeit an, fast überall auf der Welt Freiwilligenarbeit zu leisten.

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Zwei Wochen, um in Sambia verwaiste Kinder zu unterrichten, gibt es bereits ab 1.090 Euro ohne Flug. Das Reiseprogramm verspricht ein Eintauchen ins echte Leben und die Chance, etwas wirklich Gutes zu tun. Vorkenntnisse sind dafür nicht notwendig, verspricht das Unternehmen TravelWorks.

„Jeder kann helfen und einen Beitrag leisten, auch wenn die Teilnehmer nicht davon ausgehen dürfen, dass sie hier die Welt verändern.“ So beschreibt Eva-Maria Syrowatka, Marketingleiterin bei TravelWorks Österreich, den Hintergrund der Freiwilligenurlaube im Gespräch mit ORF.at. Es sei ein wachsendes Bedürfnis in der Zielgruppe der 18- bis 25-Jährigen, zu spüren, etwas für die Allgemeinheit zu tun. Aber nicht immer „besteht die Möglichkeit, dass sich jemand eine einjährige Auszeit nimmt und an einem karitativen Projekt teilnimmt“, sagt Syrowatka. Die Angebote von TravelWorks richten sich an all jene, die gerne einmal „etwas Sinnvolles in ihrem Urlaub tun wollen“.

Eintauchen ins „echte Leben“ ohne Vorbereitung

Sigrid Zaussinger hat bei ihrem zweieinhalbwöchigen Aufenthalt in Kenia im Zuge einer Projektreise Häuser gestrichen, Wasser vom Brunnen geholt und ganz einfach „angepackt, wo geholfen werden musste“. Neben dem Bedürfnis, etwas „zurückzugeben“, war auch die "Chance, am echten Leben in Kenia teilzunehmen und nicht bloß in einem Urlaubscamp zu sitzen“, ein überzeugendes Argument die Reise zu buchen. Das „echte Leben“ hat sie aber auch belastet, sagt sie: „Auf die Konfrontation mit so viel Armut und einer ganz anderen Kulturform bin ich einfach zu schlecht vorbereitet worden.“

Bei TravelWorks erfolgt die Vorbereitung auf den neuen Kulturkreis in einem Crashkurs am Einsatzort. Innerhalb weniger Tage „bekommen die Teilnehmer die Dos and Don’ts erklärt und erfahren Nützliches über Land und Leute“, erklärt Syrowatka. Eine psychologische Betreuung für die Reisenden ist nicht vorgesehen.

„Nutzen vor allem für die Reisenden“

Genau hier sieht Magdalena Jetschgo vom Verein Jugend eine Welt das größte Problem dieser Reisen. Sie selbst hat ein Jahr lang in Tijuana, Mexiko, Jugendliche betreut und weiß, „der erste Monat ist am schwersten. Ohne „eine Ansprechperson, mit der man sich in der Muttersprache austauschen kann, fühlt man sich in einem fremden Land schnell alleine und verloren.“ Jugend eine Welt entsendet seine Freiwilligen ausschließlich zu zweit und jeweils für die Dauer eines Jahres in die Welt.

„Erst dann macht die Arbeit auch wirklich Sinn. Denn wenn jemand nur für ein Monat da ist, richtet er oft mehr Schaden an, als er Gutes tut. Gerade Kinder gewöhnen sich schnell an neue Menschen und sind dann oft schwer verletzt, wenn die Betreuer plötzlich wieder weg sind.“ Den Nutzen der kommerziellen Freiwilligenarbeit sieht Jetschgo vor allem aufseiten der Reisenden. „Hier entscheiden sich die Menschen für eine Kulturreise, aber nicht für Entwicklungshilfe.“ Die Angebote bedienen eine neue Zielgruppe an Touristen, resümiert Jetschgo.

Rundum abgesichert die eigenen Grenzen austesten

„TravelWorks ist kein gemeinnütziger Verein“, bestätigt auch Eva-Maria Syrowatka. Dafür würden dem Kunden aber „auch alle Vorteile eines Reiseveranstalters“ geboten. Sollte im Reisegebiet eine Naturkatastrophe oder eine politische Krise ausbrechen, „so sind die Teilnehmer in allen Fällen abgesichert“. Die Angebote richten sich an Kunden, die „auf ein Sicherheitsnetz Wert legen und sich eine solche Reise ohne professionelle Unterstützung nicht zutrauen“. Vier Wochen gemeinnützige Tätigkeit in Afrika, Asien oder Südamerika bieten jedem die Möglichkeit, „einmal hineinzuschnuppern und die eigenen Grenzen auszutesten, ohne eine langfristige Verpflichtung eingehen zu müssen“.

Rebecca Truska, ORF.at

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