„Keine Belege“ für Mittäter
Der norwegische Geheimdienst hat bisher keine Hinweise auf Verbindungen des geständigen Attentäters Anders Behring Breivik zu „Zellen“ von Gleichgesinnten in Europa. Seit Freitag beschäftige sich der Geheimdienst eingehend mit der Frage nach Komplizen und werde dem auch weiter nachgehen, sagte Geheimdienstchefin Janne Kristiansen am Mittwoch in London.
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„Im Moment haben wir keine Belege für die Existenz anderer Zellen, weder in Norwegen noch in Großbritannien“, fügte sie hinzu. Die Behörden arbeiteten aber eng mit jenen in Europa, den USA und anderswo zusammen. Dem britischen Sender BBC sagte Kristiansen am Mittwoch: „Breivik hat allein gehandelt.“ Mehrere Regionalzeitungen zitierten Kristiansen mit der Äußerung: „Das ist ein einsamer Wolf, der unter alle unsere Radarsysteme schlüpfen konnte.“
Breivik sprach von „Zellen“
Breivik, der bei zwei Attentaten in Oslo und auf der Ferieninsel Utöya 76 Menschen getötet hatte, hatte nach Angaben seines Anwalts am Dienstag geäußert, nicht nur Kontakte zu zwei „Zellen“ in Norwegen, sondern auch zu Gleichgesinnten im Ausland gehabt zu haben. Sie halte das für „möglich, aber nicht für sehr wahrscheinlich“, sagte Kristiansen dazu. Medien hatten etwa berichtet, der Norweger habe Verbindungen zur britischen English Defence League (EDL) gepflegt, die islamfeindliche Kampagnen organisiert. Diese dementierte allerdings umgehend den Kontakt zu Breivik.
Kristiansen: „Vollkommen böse“
Der Anwalt des 32-Jährigen hatte zudem gesagt, der gesamte Fall deute darauf hin, dass sein Mandant „verrückt“ sei. Psychiater sollten nun seinen Geisteszustand untersuchen. Die Geheimdienstchefin äußerte sich zu dieser Möglichkeit skeptisch: „Meiner Meinung nach ist er durchaus ein zurechnungsfähiger Mensch“, sagte sie. Er sei konzentriert und berechnend und habe über Jahre hinweg an seinen Plänen gefeilt. All das passe nicht zu einem verrückten Menschen. Breivik sei vielmehr „vollkommen böse“.
Fehlalarm legte Hauptbahnhof lahm
In der norwegischen Hauptstadt Oslo herrscht bei der Polizei nach dem Sprengstoffanschlag im Regierungsviertel und dem Massaker auf der Insel Utöya große Nervosität. Die Behörden sind seit Freitag in erhöhter Alarmbereitschaft. Ein Einsatz am Mittwoch im Hauptbahnhof erwies sich allerdings als Fehlalarm.

APA/EPA/dpa/Jörg Carstensen
Oslos Hauptbahnhof wurde abgeriegelt
Der teilweise geräumte Hauptbahnhof wurde nach der Durchsuchung eines verdächtigen Koffers wieder freigegeben. Das berichtete die Nachrichtenagentur NTB am Mittwoch unter Berufung auf Polizeiangaben. Im Berufsverkehr auf dem Bahnhof hatte ein Buspassagier einen herrenlosen Koffer entdeckt, worauf der Fahrer die Polizei alarmierte.
Wie der Fernsehsender TV2 berichtete, waren Hunde zum Aufspüren von Sprengstoff im Einsatz. Die Polizei suchte demnach nach einem 25 bis 30 Jahre alten Mann mit einer schwarz-weißen Kopfbedeckung. Er soll dem Bericht zufolge kurzzeitig in einen der Busse eingestiegen sein, die derzeit die Bahn zum Flughafen ersetzen. Er habe den Koffer abgestellt und sei dann wieder ausgestiegen. Der Inhalt des Koffers erwies sich bei der Prüfung durch Experten allerdings als harmlos.
Details über Haftbedingungen
Unterdessen wurden Details über die Haftbedingungen bekannt. Breivik wird in der Haftanstalt Ila bei Sandvika westlich von Oslo festgehalten. Dabei soll er in einer sieben Quadratmeter kleinen Zelle rund um die Uhr überwacht werden, um einen Selbstmord auszuschließen. Die Zeitung „Verdens Gang“ berichtete am Mittwoch in ihrer Onlineausgabe, dass der 32-Jährige hier die erste Hälfte der vorerst acht Wochen Untersuchungshaft mit fast kompletter Kontaktsperre verbringen muss.
Ein Sprecher der Gefängnisaufsicht gab an, dass man die normalerweise vorgesehene Bezirkshaftanstalt Ringerike wegen der Lage direkt am Tyrifjord ausgeschlossen habe. In dem Fjord liegt die Insel Utöya. Nach Angaben des Gefängnisdirektors Knut Bjarkeid in „Verdens Gang“ gibt es in Breiviks Zelle nur Bett, Toilette, Sessel und einen Tisch. Kontakt mit anderen Gefangenem sei in den ersten vier Wochen ausgeschlossen. In dieser Zeit darf der geständige Attentäter ausschließlich mit seinem Anwalt Geir Lippestad und der Polizei sprechen.
Außerdem sollen zwei Rechtspsychiater mit einer mehrmonatigen Untersuchung des Inhaftierten auf seinen Geisteszustand beginnen. Breiviks Verteidiger hatte am Dienstag gesagt, dass er seinen Mandanten für geisteskrank halte.
In Schützenclub trainiert
Breivik trainierte für das Massaker in einem norwegischen Schützenclub. Der Osloer Pistolenclub teilte Mittwochfrüh auf seiner Website mit, dass Breivik von 2005 bis 2007 und erneut ab Juni 2010 Mitglied gewesen sei. Weiter hieß es in der Mitteilung: „Breivik hat als Mitglied an 13 organisierten Trainingseinheiten mit anderen sowie einem Wettbewerb teilgenommen.“ Bei dem Massaker am Freitag hatte Breivik mit zwei legal erworbenen Waffen, einer Pistole und einem Schnellfeuergewehr, geschossen.
In der Erklärung des Schützenclubs hieß es, Breivik habe sich „weder politisch bemerkbar gemacht noch in anderer Weise irgendwelche Verhaltensweisen als Vorwarnung für die zutiefst tragischen Ereignisse an den Tag gelegt“. Man habe ihn „mit sofortiger Wirkung“ ausgeschlossen.
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