Neue akustische Realität
Aus Filmen ist das Sounddesign schon lange nicht mehr wegzudenken. Der Originalton eines Filmes, der bei den Dreharbeiten aufgenommen wird, ist meist nur ein kleiner Teil dessen, was nachher im Kino oder im Fernsehen zu hören ist. Nach den Dreharbeiten ist es Aufgabe des Sounddesigners, eine neue akustische Realität zu schaffen.
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Durchschnittlich 150 Tonspuren umfasst eine Filmnachbearbeitung, die dann in einer abschließenden Tonmischung auf die Mehrkanal-Tonsysteme des Kinos verteilt werden. Die neue Tonebene wird dabei so konstruiert, wie sie nach Vorstellungen des Regisseurs klingen soll. Da klingen die dumpfen, schweren Schritte des Bösen etwa ganz anders als die beherzten, zielstrebigen Schritte des Helden. „Seit der digitalen Revolution vor knapp 20 Jahren ist auch im heimischen Filmschaffen eigentlich alles möglich“, so Philipp Mosser, Obmann des Verbandes Österreichischer SounddesignerInnen, im Gespräch mit ORF.at.
Kein Film ohne Geräuschemacher
Trotz der technischen Möglichkeiten eines digitalen Archivs werden die Geräusche teils noch ganz traditionell von einem Geräuschemacher (Foley Artist) erzeugt, da sie dann viel lebendiger wirken. Der Geräuschemacher sitzt im Tonstudio vor einem Monitor, hat ein wahres Sammelsurium an Geräuschquellen vor sich und fügt dem gezeigten Bild den richtigen Effekt hinzu. Das Repertoire reicht von „Schritte machen“ und „Tasten drücken“ über „Türen knarren“ bis zu „Pistolenschüsse“, „Autounfall“, „Schlägerei“ und „Feuer“. Anschließend werden die erzeugten Klänge exakt synchron zum Bild geschnitten.
Sogar das Bellen des Hundes in „Kommissar Rex“ ist nicht immer echt, sondern stammt aus einem eigens angelegten Archiv. Dort stehen verschiedene Belllaute zur Auswahl, aggressives Anschlagen, lautes Gekläffe, freundliches Begrüßungsbellen.
Elefantenschreie im Hubschraubersound
Nicht nur Originaltöne, sondern auch Dinge, die nicht unmittelbar damit zu tun haben, kann man akustisch in Verbindung bringen. Bei „Medicopter 117 - Jedes Leben zählt“ wurden etwa in das Rotorgeräusch des Bösewicht-Hubschraubers Elefantenschreie hineingearbeitet. „Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt“, so Mosser. „Wir nutzen die Schwäche des menschlichen Gehirns und machen dem Zuhörer etwas vor, um die Wirkung zu erzielen, die man möchte.“
Mit kleinsten Nebengeräuschen kann die Dramatik einer Szene deutlich gesteigert werden. So nimmt der Arzt bei der entscheidenden Operation das Skalpell mit einem „Ping“ in die Hand, obwohl es auf einer weichen Unterlage liegt. Oft bedient der Sounddesigner auch die Erwartungen der Zuseher. „Der Weltraum im Film klingt traditionell ‚hallend‘, obwohl wir eigentlich wissen, dass es im Weltraum gar nicht klingt“, so Mosser. Der Weltraumhall wird von den Zusehern dabei nicht nur akzeptiert, ein Weltraum ohne Grollen und Hallen ist schlicht nicht mehr vorstellbar.
Emotionaler Sound
Mit der Fülle akustischer Möglichkeiten, ob traditionell besetzt oder frei interpretiert, ist es das Sounddesign, das den Zuseher emotional durch den Film leitet. Denn der Soundtrack eines Films geht weit über die eigens dafür komponierte Filmmusik hinaus. Die individuelle Soundsignatur ist die harmonische Gesamtmischung aus Musik, Sprache und Geräuschkulisse.
Beate Macura, ORF.at
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