„Nap-Kultur macht bessere Stimmung“
Geht es nach Gerhard Klösch, Schlafforscher am AKH Wien, so kann ein Nickerchen von zehn Minuten schon das Arbeitsklima verbessern. In der Vorwoche entbrannte in Deutschland eine Diskussion über die Siesta während der Arbeitszeit. Auch in Österreich flammt diese Diskussion immer wieder auf.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In heimischen Firmen fand die Siesta aber bisher keinen Anklang, auch wenn wissenschaftliche Studien eine klare Sprache sprechen. „Sämtliche Studien, die wir in den letzten Jahren am AKH Wien durchgeführt haben, sprechen für einen Powernap während der Arbeitszeit“, so Klösch gegenüber ORF.at. Es hat sich gezeigt, dass Menschen, die ein kurzes Schläfchen einlegen, sich hinterher besser konzentrieren können und leistungsfähiger sind. Viel wichtiger ist aber laut Klösch der Benefit auf emotionaler Ebene: „Das subjektive Empfinden der Menschen verbessert sich. Sie fühlen sich entspannt und sind besser gelaunt. Die sogenannte Nap-Kultur macht also bessere Stimmung.“
Teil der Gewerkschaft dafür
„Die Einführung eines Powernaps halten wir für einen guten Vorschlag, um den Druck von den ArbeitnehmerInnen zu nehmen und so zu einem besseren Arbeitsklima beizutragen“, so Günther Trausznitz, Bundesgeschäftsführer der Fraktion Christlicher GewerkschafterInnen in der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier. Es ist laut Trausznitz höchst an der Zeit, über kreative Möglichkeiten nachzudenken, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Schlafen kann man trainieren
In unserem westlichen Denken gelten Menschen, die tagsüber schlafen, schnell als faul. Klösch: „Beim Gedanken daran, an der Arbeitsstelle zu schlafen, sperrt sich in den meisten von uns etwas. Wir müssen dieses traditionelle Denken aber versuchen aufzubrechen.“ Schlafen kann man trainieren. Je öfter man es macht, desto gewöhnlicher wird es. Es ist nicht notwendig, tief und fest zu schlafen. Ein bloßes „Dahindösen“ reicht schon, um hinterher entspannt zu sein.
Vor allem Menschen, die in der Arbeit sehr unter Stress stehen, sollten sich laut Klösch zwischendurch öfters ausruhen. Zigaretten und Kaffee eignen sich nicht, um auszuspannen. Auch vom Laufen in der Mittagspause rät der Wissenschaftler ab: „Beim Sport ist oft der Leistungsdruck sehr groß. Da kann es passieren, dass man sich zu sehr stresst und man erzielt somit wieder keinen entspannten Zustand.“
Maximal eine halbe Stunde
Ein Powernap sollte zwischen zehn und 30 Minuten lang sein. Auf keinen Fall darf das Schläfchen länger als eine halbe Stunde dauern, denn dann verfällt man in einen Tiefschlaf. Dieser wirkt sich kontraproduktiv aus. Menschen, die aus dem Tiefschlaf geweckt werden, sind meist verwirrt und schlecht gelaunt.
Als Praxis in Firmen schlägt Klösch einen isolierten Raum vor (ohne Telefon und Nebengeräusche), der abgedunkelt werden kann. Ein Sessel, der zurückklappbar ist, reicht meist aus. Einige Wissenschaftler schwören auf Hängematten als Mittel zu gutem und erholsamem Schlaf. Viele Unternehmen in den USA stellen ihren Mitarbeitern bereits Metronap-Räume zur Verfügung. In Österreich könnte das in Zeiten von Großraumbüros ein organisatorisches Problem darstellen. Viele Firmen haben jetzt schon nicht genug Räumlichkeiten für ihre Mitarbeiter.
Vorsicht: Mittagsschlaf nicht für alle gut
Aber: Nicht für alle Arbeitnehmer ist Powernapping geeignet. Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, rät Klösch vom Nickerchen ab. Wenn diese bereits untertags ihren Schlafdruck abbauen, dann können sie am Abend noch weniger einschlafen.
In Österreich klagen 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung über nicht erholsamen Schlaf. Laut Klösch leiden zehn bis 15 Prozent der Österreicher unter chronischen Schlafstörungen, die behandelt werden müssen. Bei den anderen kämen Umwelteinflüsse wie etwa Lärm zum Tragen.
Wirtschaftskammer nicht begeistert
Die Wirtschaftskammer kann dem Vorschlag der österreichischen Gewerkschaft nach einem Schläfchen am Arbeitsplatz nicht viel abgewinnen. Rolf Gleißner, stellvertretender Abteilungsleiter Sozialpolitik Wirtschaftskammer: „Ich sehe keinen Handlungsbedarf. Die Umfragen zeigen, dass die Arbeitnehmer mit den derzeitigen Arbeitsbedingungen größtenteils zufrieden sind.“ Bei Bedarf könnten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber Schlafpausen ja individuell ausmachen. „Biologisch spreche zwar einiges dafür, aber das entspricht einfach nicht unserer Kultur“, so Gleißner gegenüber ORF.at.
Links: