Sicherheit gegen nächste Krise
Mit strenger Überwachung und harten Strafen will die EU die europäischen Banken krisenfest machen. Die rund 8.200 Geldhäuser in Europa sollen künftig mehr Eigenkapital und Liquidität vorhalten und ihre Verschuldungsquote begrenzen.
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Verstoßen Institute gegen die Vorschriften, können die Aufseher Geldstrafen bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verhängen. Das sieht ein Vorschlag vor, den die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel präsentierte. „Das Ziel lautet, Europas Banken robuster zu machen“, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier - damit sie im Fall einer Krise nicht mehr vom Steuerzahler aufgefangen werden müssten. Aus der Branche kommt jedoch heftige Kritik.
700-Seiten-Regelwerk
Der Vorschlag soll die Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften Basel III von 2013 an in der EU einheitlich umsetzen. Diese wurden Ende vergangenen Jahres präsentiert und treten erst in Kraft, wenn die EU handelt. Das 700 Seiten dicke EU-Regelwerk macht Vorgaben für Kapital, Liquidität und Betriebsführung. Bevor Barniers Entwurf Gesetz wird, müssen Ministerrat und Europaparlament noch zustimmen.
Banken müssen demnach ihre Geschäfte mit mehr eigenem Kapital unterfüttern als bisher. Laut Barniers Vorschlag sollen Kreditinstitute im Verhältnis zu ihren Forderungen mindestens acht Prozent Eigenkapital vorhalten, um Ausfallrisiken abzudecken. Dazu sollen Kapitalpuffer von 2,5 Prozent kommen.
„Krise nicht vorbei“
Aufseher sollen die Banken überwachen und ihnen zum Beispiel die Kredite einschränken können, wenn eine Kreditblase droht. Nach EU-Ansicht gibt es dringenden Handlungsbedarf: Bei den europaweiten Banken-„Stresstests“ vor einer Woche waren acht von 90 Banken durchgefallen, weil ihr Eigenkapital im Krisenfall nicht reichte. „Die Krise ist noch lange nicht vorbei“, sagte der Kommissar.
Aus der Bankenbranche kommt Kritik an dem Vorschlag. Einige Institute halten die Vorgaben für überzogen und warnen, dass sie die wirtschaftliche Erholung Europas gefährden. Mit der Umsetzung der EU-Verordnung müssten Europas Banken nach Worten Barniers bis 2019 ihre Kapitalausstattung um rund 460 Milliarden Euro aufstocken - Geld, das bei der Kreditvergabe fehlen könnte.
Zudem gibt es in vielen Ländern unterschiedliche Formen von Eigenkapital - die EU strebt eine Vereinheitlichung an. So hatte bei die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) in Deutschland ihre Teilnahme an den „Stresstests“ zurückgezogen, weil die Aufsicht bestimmte Kapitalpositionen (stille Einlagen) nicht anerkannte.
Briten noch strenger
Einige Länder, darunter Großbritannien, setzen aber auf striktere Eigenkapitalvorgaben für ihre Banken. Sie wollen mit nationalen Höchstgrenzen auf spezielle nationale Risiken eingehen.
Solche Unterschiede will die EU-Kommission aber nur nach Sektor erlauben. „Es ist klar, dass man eine lokale Sparkasse im landwirtschaftlichen Bereich anders behandelt als eine Investitionsbank mit rein spekulativen Produkten“, sagte Barnier. „Ich sehe aber keinen Grund, warum die Grundregeln in Madrid, Warschau, London, Paris, Rom oder Berlin anders sein sollten.“
Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) warnte vor der Benachteiligung kleiner Banken. „Basel III wurde für international tätige Banken konzipiert“, sagte Vorstandsmitglied Gerhard Hofmann. „Es wäre falsch, dieses regulatorische Regime im Wesentlichen unverändert auf jede kleine Genossenschaftsbank in Europa anzuwenden.“ Zudem fürchtet der Verband Wettbewerbsverzerrungen, da die USA die Regeln auf absehbare Zeit nicht umsetzten.
Marion Trimborn, dpa
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