Kampf für die Unabhängigkeit
An dem russischen Ex-KGB-Offizier, der von Österreich nach einer vorübergehenden Festnahme wieder freigelassen wurde, hat sich der Streit zwischen Österreich und Litauen entzündet. Dem Russen werden Kriegsverbrechen vorgeworfen, die er in Litauen 1991 begangen haben soll.
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Die „Jänner-Ereignisse“ in Litauen im Jahr 1991 inklusive der auch als „Blutsonntag“ oder „Blutnacht“ bezeichneten Kampfhandlungen rund um den von Regimegegnern besetzten Fernsehturm in der Nacht vom 12. auf den 13. Jänner waren eine Folge der von der Sowjetunion damals nicht anerkannten einseitigen Unabhängigkeitserklärung Litauens. Das Land hatte sich am 11. März 1990 als erste der drei baltischen Republiken für unabhängig erklärt.
Einmarsch der sowjetische Truppen
Anfang des Jahres 1991 überstürzten sich die Ereignisse. Gepanzerte sowjetische Militärfahrzeuge fuhren in Vilnius ein. Die Sowjetunion schickte Truppen nach Litauen. Der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow forderte die Litauer auf, ihre Unabhängigkeitsbestrebungen aufzugeben oder sonst direkt vom Kreml regiert zu werden. Das wies die litauische Führung zurück und wandte sich an den Westen um Hilfe.
In der Nacht auf den 13. Jänner griffen Sowjettruppen mit Panzerunterstützung den Fernsehturm in Vilnius an. Bei diesen Kampfhandlungen und dem Versuch der sowjetischen Zentralregierung, die litauische Unabhängigkeitsbewegung niederzuschlagen, starben 14 Menschen. Zwischen 600 und 1.000 Menschen wurden verletzt. Der in Litauen angeklagte Ex-KGB-Offizier war 1991 bis 1992 Kommandant der Sondereinheit „Alpha“ und in den Angriff auf den Fernsehturm involviert.
Unterschiedliche Darstellungen
Im Baltikum dienen die Ereignisse vielfach als Freiheitsmythos. Litauen sieht die Verantwortung für die Opfer ausschließlich bei der sowjetischen Führung. In der russischen Betrachtungsweise wird immer wieder auf den angeblich von der litauischen Führung befohlenen Einsatz von Scharfschützen hingewiesen sowie darauf, dass auch ein „Alpha“-Soldat zu den Toten gehörte.
Prozesse in Litauen
Das unabhängig gewordene Litauen machte in den folgenden zwei Jahrzehnten den Verantwortlichen den Prozess. 1999 wurden sechs Personen verurteilt, eine Reihe weiterer Verdächtiger wurde nie verurteilt, darunter der in Österreich kurzfristig festgehaltene Ex-Offizier Mikhail G.
Einige der verbliebenen 23 Angeklagten starben mittlerweile, für andere trat wegen der ihnen zur Last gelegten Tatbestände die Verjährungsfrist ein. Das gilt offenbar nicht für G. Die Anklage gegen ihn war erst vergangenes Jahr auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ausgeweitet worden.
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