Bei dritter Anfrage Einlass gewährt
Rund zwei Wochen nach seinem Tod ist Otto Habsburg, der am 4. Juli im Alter von 98 Jahren in Bayern gestorben war, Samstagnachmittag feierlich beigesetzt worden. Nach dem zweistündigen Requiem im Wiener Stephansdom begleitete am Nachmittag ein riesiger Trauerzug seinen Sarg zur Kapuzinergruft. Dort wurde sein Leichnam mit der traditionellen Anklopfzeremonie aufgenommen.
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An der Pforte der Gruft vollzog sich ein Ritual, das schon 1989 bei der Beisetzung von Ex-Kaiserin Zita, Ottos Mutter, zelebriert wurde. Im ersten Teil der Anklopfzeremonie referierte der Zeremonienmeister die historische Herkunft des Verstorbenen, dann die Ehrungen und Funktionen aufgrund eigener Leistung. Der Kapuzinerpater antwortete darauf zweimal „Wir kennen ihn nicht!“
„Otto - ein sterblicher, sündiger Mensch“
Erst als nach der dritten Anfrage, „Wer begehrt Einlass?“, die Antwort „Otto - ein sterblicher, sündiger Mensch“, lautete, wurde ihm Einlass gewährt. Die Beisetzung von Otto und Regina Habsburg in der Gruft fand im engsten Familienkreis statt. Die Herzurne Ottos wird am Sonntag in der Benediktinerabtei Pannonhalma in Ungarn bestattet - mehr dazu in oe1.ORF.at.

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Zahlreiche Schaulustige nahmen an dem Ereignis teil.
Tausende Menschen haten davor Abschied von Habsburg genommen. Im Trauerzug befanden sich 3.500 Personen - an der Spitze Musik, Fahnenabordnungen, Schützen, Ordenskissenträger und Klerus. Hinter dem Sargwagen folgten Mitglieder der Familie Habsburg und Trauergäste aus Politik und Adel. 10.000 Schaulustige begleiteten den Trauerzug durch die Wiener Innenstadt, berichtete die Polizei der APA. Die Route führte über Graben, Kohlmarkt, Michaelerplatz, durch das Michaelertor auf den Heldenplatz, wo 21 Schuss Salut abgefeuert werden, dann über den Ring zum Albertinaplatz und schließlich zur Kapuzinergruft.
Beileidsschreiben von Papst Benedikt
Schon am Samstagvormittag waren viele Sicherheitsbeamte in der Innenstadt unterwegs, Gruppen von Uniformierten zogen mit Fahnen umher. Schaulustige sicherten sich schon morgens am Eingang des Stephansdoms die besten Plätze. Dort begann um 15.00 Uhr das Requiem mit über 1.000 geladenen Gästen, das Kardinal Christoph Schönborn mit Bischöfen aus den einstigen Kronländern zelebriert.

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Kardinal Christoph Schönborn vor Beginn des Requiems
Der Apostolische Nuntius Peter Stephan Zurbriggen verlas zu Beginn das bereits im Vorfeld veröffentlichte Beileidsschreiben des Pontifex an die Familie Habsburg. Darin würdigt Benedikt den Verstorbenen als „großen Europäer“, der sich unermüdlich „für den Frieden, das Miteinander der Völker und eine gerechte Ordnung auf dem Kontinent eingesetzt“ habe.
Zahlreiche Monarchen und Regierungschefs
Allein aus der Familie Habsburg kamen rund 150 Angehörige zum Begräbnis. Schon die engste Familie mit Habsburgs sieben Kindern umfasst rund 40 Mitglieder. Unter den Trauergästen aus der Hocharistokratie, die Habsburg das letzte Geleit gaben, waren König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia von Schweden, Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa von Luxemburg, Fürst Hans-Adam II. und Fürstin Marie Aglae von Liechtenstein sowie die Ex-Könige von Rumänien, Michael I. und Bulgarien, Simeon II.
Das belgische, britische und spanische Königshaus waren durch Prinzen und Prinzessinnen vertreten. Aus Republiken kamen Georgiens Staatspräsident Michail Saakaschwili, die Regierungschefs Kroatiens und Mazedoniens sowie der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg.

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Karl Habsburg mit seiner Frau Francesca und Sohn Ferdinand im Stephansdom
Fischer kommt, weil „das so richtig ist“
Aus der österreichischen Politik nahmen unter anderen Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP), Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) teil. Vom Europäischen Parlament, in dem Habsburg als Abgeordneter der bayrischen CSU lange Jahre saß, zollt EP-Präsident Jerzy Buzek dem engagierten Europäer Tribut.
Fischer nahm teil, weil er „glaubt, dass das so richtig ist“. Im „profil“-Interview sagte er aber, dass er viele Ansichten des verstorbenen Habsburgers nicht geteilt habe. „Der Otto Habsburg der 40er, 50er und vielleicht auch noch der 60er Jahre war sicher ein anderer als Otto Habsburg in seinen letzten Lebensjahren: weiser, klüger, bestimmte Realitäten zur Kenntnis nehmend. Da gibt es einen deutlichen Unterschied“, so Fischer.
Enorme Sicherheitsvorkehrungen
Der Aufwand war enorm. Rund 400 Polizisten waren bei dem Trauerzug dabei. Der Einsatz soll laut Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) 100.000 Euro kosten: „Das Begräbnis muss dementsprechend gesichert werden, weil es sich um eine Person des öffentlichen Interesses handelt. Diese Sicherheitsvorkehrungen würden wir auch bei anderen Personen öffentlichen Interesses sicherstellen“, so die Innenministerin. Der Heereseinsatz wird laut General Christian Segur-Cabanac zwischen 10.000 und 50.000 Euro kosten.
„Charakter eines Staatsbegräbnisses“
Die Trauerfeiern für Habsburg sind zwar kein Staatsbegräbnis, aber doch ein mit enormem Aufwand verbundenes Großereignis, das nicht ohne Kritik geblieben ist. So vermisste etwa der Historiker Karl Vocelka, Vorstand des Instituts für Geschichte der Universität Wien, im Ö1-Interview „absolut“ die kritische Auseinandersetzung mit der Monarchie.
Die Art der Beisetzung sei mit jener von Kaiserin Zita 1989 vergleichbar, allerdings sei sie eine ehemalige regierende Kaiserin gewesen. Auf die Frage, ob die Feierlichkeiten für Otto Habsburg angemessen sind, sagte er: „Dazu will ich nicht Stellung nehmen. Ich bin der Meinung, das ist nicht angemessen, weil es den Charakter eines Staatsbegräbnisses hat.“
Auch der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Stefan Wallner, zeigte sich auch in Hinblick auf die Teilnahme des Bundesheers skeptisch: Es zeuge „nicht von einem besonderen republikanischen Selbstbewusstsein der Bundesregierung, dass man hier quasi einen Staatsakt daraus macht“. Die Beteiligung des Bundesheers verteidigte Segur-Cabanac mit dem „Respekt für eine große Persönlichkeit“. Es sei der „Schlusspunkt der Aussöhnung“ der Republik mit dem Hause Habsburg.
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