Lehrer kritisieren „Häppchenbildung“
In Sachen Bildung liegen die Ansichten der Koalitionsparteien traditionell weit auseinander. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich SPÖ und ÖVP letztlich auf einen gemeinsamen Entwurf für eine neue, modulare Oberstufe einigen konnten. Zum Leidwesen der Lehrer: Die haben den Entwurf nun in der Luft zerrissen.
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Es könne sich bei dem vorliegenden Papier wohl lediglich um den „Entwurf eines Entwurfs“ handeln, schreiben die Lehrervertreter in einer gemeinsamen Stellungnahme zur modularen Oberstufe. „Gleichgültig, wie man inhaltlich dazu stehen mag, der Text ist in zentralen Bereichen nicht durchdacht, würde manche Schüler in Sackgassen ohne jeglichen Ausweg führen und an den Schulen einen organisatorischen Super-GAU verursachen.“
Drop-outs könnten steigen
Vor allem die Fraktion Christlicher Gewerkschafter warnt einerseits davor, dass die Förderung besonders Begabter zu kurz kommt, indem diese nur noch Semester überspringen oder Prüfungen vorziehen können. Andererseits befürchten sie auch, dass durch die modulare Oberstufe zwar die Zahl der Repetenten sinken, im Gegensatz aber jene der Drop-outs steigen werde.
„Diese Gefahr sehen wir im vorliegenden Entwurf, der junge Menschen negativ beurteilte Module über Jahre hinweg ansammeln lässt und sie vor der Matura vor eine unlösbare oder als unlösbar empfundene Aufgabe stellt.“
Verwirrende Organisation für Schüler
Überhaupt wird die Unterteilung des Stoffs in Module als „Häppchenbildung“ abgelehnt. Zusätzlich würde der Besuch eines Moduls in einer anderen Klasse dazu führen, dass der Schüler einen Gegenstand in seiner eigenen Klasse versäumt. Gerade bei schwachen Schülern drohe dann die Gefahr, dass ihre Leistungen noch schlechter werden.
Schulen durch neues System überfordert
Die Lehrervertreter warnen zudem vor einer Überforderung der Schulen: Die Gliederung des Lehrstoffs in Kompetenzbereiche könne nicht durch die einzelnen Schulkonferenzen geleistet werden.
An eine kostenneutrale Umsetzung glauben die Gewerkschafter ebenfalls nicht und kritisieren in diesem Zusammenhang, dass es für die modulare Oberstufe keine zusätzlichen Mittel für die Schulen geben soll. „Das wissentliche Vorenthalten der notwendigen Ressourcen ist eine unzumutbarer Affront gegenüber allen Schulpartnern und eine Täuschung der Öffentlichkeit“, so die Lehrervertreter.
Zusätzlicher Personaleinsatz befürchtet
Der zusätzliche Personaleinsatz - von einem Nicht genügend bedrohte Schüler sollen Lerncoaches und Förderkurse bekommen - könne entgegen der Pläne des Unterrichtsministeriums nicht durch jene Mittel gegenfinanziert werden, die durch das Wegfallen von Klassenwiederholungen frei werden sollen. Die Personalkosten seien nämlich nicht von einzelnen Schülern, sondern von Klassen und Gruppen abhängig, und deren Anzahl werde sich durch weniger Repetenten kaum ändern.
Lehrer warnen vor zusätzlichen Kostenfaktoren
Diesen Punkt kritisierte auch die Gruppe „LehrerInnen für das Bildungsvolksbegehren“, die sich in ihrer Forderung nach einer Volksbefragung hinter Initiator Hannes Androsch gestellt haben. Für sie ist die Reform nicht ohne erhebliche Mehrkosten in den Anfangsjahren möglich.
Dabei zählten die Lehrer als Kostenfaktoren etwa zusätzliches Personal für Lernbegleitung, mehr Zeit für individuelle Beratung der Schüler, Besprechungen der Klassenlehrer und die Organisation individueller Studienpläne auf. „Ohne den Druck einer breiten Öffentlichkeit laufen überfällige Reformen Gefahr, kostenneutral zusammengestutzt zu werden.“
Schmied verspricht Lehrern Abgeltung
Schmied versprach den Lehrern für die geplanten Förderkurse und Lernbegleitung bereits ein Entgegenkommen. „Wir verlangen von den Lehrern steuerlich gesprochen keine Liebhaberei, das muss natürlich abgegolten werden“, sagte die Ministerin Anfang Juli in der Ö1-Sendereihe „Im Journal zu Gast“. Von Eltern und Schülern ortet Schmied aber „große Akzeptanz“.
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