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Vermögenssteuern und Studiengebühren

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) stellt Österreich in ihrem Länderbericht ein sehr gutes Zeugnis aus. Österreich beeindrucke kurz nach der weltweiten Finanzkrise mit „sehr guten wirtschaftlichen Leistungen bei gleichzeitig starkem sozialem Zusammenhalt“.

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Um die Erfolge fortzusetzen, sollte Österreich Reformen in den Bereichen Bildung, Finanzen, Steuern, Pensionen und Gesundheit durchführen, konstatiert die OECD in ihrem „Wirtschaftsbericht Österreich“ der am Montag in Wien von OECD-Generalsekretär Angel Gurria präsentiert wurde.

Anreize für Frühpensionierung abschaffen

Konkret sollten die noch immer existierenden Anreize für Frühpensionierungen abgeschafft werden. In Österreich erfolge der Pensionseintritt früher als in fast allen anderen OECD-Ländern - was sich das Land nicht mehr lange leisten werde können. Die OECD würdigt allerdings auch die jüngsten Änderungen im Pensionssystem.

Die Ausgaben für Soziales sollten gezielter eingesetzt werden: Mehr als ein Viertel des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) fließe ins Sozialsystem, also in die Bereiche Pensionen, Gesundheit, Familie und Wohnen, und viele Ausgaben würden allen Bevölkerungsgruppen zugute kommen. Wenn die Transferzahlungen auf die Schwächsten fokussiert würden, könnte Österreich seine Ausgaben insgesamt effizienter gestalten, so die OECD.

Steuerlast verlagern

Auch im Steuersystem sieht die OECD Reformbedarf. Arbeit und Unternehmertum würden in Österreich stark belastet, Vermögen aber kaum in die Pflicht genommen. Die Steuerlast sollte von Arbeit und Unternehmertum weg und hin zu anderen Bereichen verlagert werden, wo sich die Steuer weniger störend für die Wirtschaftsentwicklung auswirke. Bei Netzwerkservices wie Bahn, Post und Stromversorgung sollte der Wettbewerb weiter gestärkt werden.

Unis sollen Gebühren einheben können

Die bessere Integration in den Arbeitsmarkt von älteren Arbeitnehmern, Arbeitnehmerinnen mit Kindern sowie von unqualifizierten Arbeitnehmern sei eine große Herausforderung für Österreich. Die Arbeitslosigkeit bei Arbeitnehmern mit geringer Ausbildung sei hoch und in der Krise noch gestiegen. Die Beschäftigung dieser Gruppe könnte durch Qualifikationsmaßnahmen und durch die Senkung der Arbeitskosten gesteigert werden, etwa durch Senkung der Sozialversicherungsbeiträge im Niedriglohnbereich und eine Erweiterung des „Kombilohns“.

Im Bildungsbereich würden die Schüler zu einem frühen Zeitpunkt auf bestimmte Bildungswege festgelegt. Die Art des Abschlusses sei in Österreich häufig vom familiären Hintergrund geprägt. Das sollte durch Bildungsreformen überwunden werden. Universitäten sollten ihre Studenten auswählen und Studiengebühren einheben können, begleitet von einem Stipendiensystem und Kreditangeboten, um eine Auswahl nach finanziellen Kriterien zu verhindern.

Gesundheitssystem vergleichsweise teuer

Dem Gesundheitsbereich ist im OECD-Bericht ein Sonderkapitel gewidmet. Das österreichische Gesundheitssystem genieße bei den Bürgern ein hohes Ansehen, sei aber im Vergleich mit anderen Länder teuer, fragmentiert und stark auf Behandlung im Krankenhaus ausgerichtet. Zur Effizienzsteigerung sollte die Verantwortung für Gesundheitsleistungen, Finanzierung und Ausgaben zwischen Ländern und Bund klarer zugeteilt werden.

Der nationale Kapazitätsplan für öffentlich finanzierte ambulante und stationäre Behandlungen sollte optimiert werden und von der Bundesregierung mit Unterstützung der Länder und Krankenkassen durchgesetzt werden. In bestimmten Fällen könnte sich auch die Einrichtung eines gemeinsamen Finanzierungstopfes für Mittel aus verschiedenen staatlichen Einheiten als sinnvoll erweisen.

Leistungsbezogene Bezahlung von Dienstleistungen, intensiverer Wettbewerb bei Medikamenten und Kampagnen für einen gesünderen Lebenswandel würden die Gesundheitskosten erheblich senken können, erwartet die OECD.

Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent

Die OECD rechnet für Österreich mit einem Wachstum von 2,9 Prozent heuer und 2,1 Prozent im Jahr 2012. Die Arbeitslosigkeit werde in diesem Jahr auf 4,2 Prozent und im nächsten Jahr auf 4,0 Prozent sinken. Die Inflation werde im Jahr 2011 laut Prognose 3,1 Prozent betragen und im nächsten Jahr auf 1,8 Prozent zurückgehen.

Das Bruttoinlandsprodukt erreichte bereits im ersten Quartal 2011 ein höheres Niveau als zu Vorkrisenzeiten. Pro Kopf gerechnet liegt Österreich damit am vierten Platz in der Euro-Zone. Anders als in den meisten OECD-Mitgliedsländern entwickle sich hierzulande auch der Arbeitsmarkt äußerst positiv: Mit 4,4 Prozent (2010) sei die Arbeitslosigkeit so niedrig wie in kaum einem anderen Land der Euro-Zone - ausgenommen die Niederlande und Luxemburg.

Gurria: Griechenland braucht Zeit

Gurria sprach sich auch eindringlich für eine Beteiligung der privaten Gläubiger an der Lösung der Schuldenkrise in einigen Euro-Zone-Ländern aus. Die Steuerzahler in den Euro-Ländern würden ihren Beitrag zur Stabilisierung leisten, auch die privaten Gläubiger müssten das tun, forderte Gurria bei der Pressekonferenz nach der Präsentation des Länderberichts.

Griechenland brauche für die Bewältigung seiner Probleme „mehr Zeit“: Sowohl für die Stabilisierung des Haushalts als auch für die Privatisierungen müsse dem Land Zeit gewährt werden. Für Österreich rechnet Gurria nicht mit negativen Auswirkungen durch die Krise in den Euro-Zone-Ländern Griechenland, Italien, Spanien und Portugal. Lediglich die Bedienung der Schulden könne durch die Instabilitäten auf den Märkten etwas teurer werden.

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