Geheimnisvoller Bin-Laden-Experte
Er gilt als große Unbekannte, jener Mann im Hintergrund, der den Terrorpaten Osama bin Laden zu Fall gebracht hat. Zehn Jahre lang verfolgte der CIA-Analyst jeden noch so kleinen Hinweis auf Bin Laden, bis der Terrorpate schließlich im pakistanischen Abbottabad aufgespürt werden konnte.
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Wegen möglicher Racheanschläge vonseiten des Terrornetzwerks Al-Kaida ist der hochrangige CIA-Mitarbeiter laut der US-Nachrichtenseite Huffington Post nur als John, sein zweiter Vorname, bekannt - doch auch der könnte falsch sein und der Geheimhaltung der Identität des Analysten dienen. Auch Interviews verweigert der US-Auslandsgeheimdienst.
Auf dem Foto, auf dem zu sehen ist, wie Teile der US-Regierung und ihre Berater die Tötung Bin Ladens live verfolgten, ist John nicht zu sehen. Auch sonst wurden von der CIA Vorkehrungen zum Identitätsschutz getroffen, wie die Huffington Post schreibt. Die US-Nachrichtenagentur Associated Press erklärte sich auf „Anfrage“ der CIA bereit, weder seinen vollen Namen noch biografische Details zu veröffentlichen.

Reuters/Pete Souza
Möglicherweise ist auf der rechten Seite ein abgewinkelter Arm von John sichtbar.
John war der Erste, der letzten Sommer auf die Spur Bin Ladens in Pakistan aufmerksam machte. Er war auch derjenige, der das Sammeln von Hinweisen über den Aufenthaltsort des von den USA meistgesuchten Terroristen überwachte und für die Auswertung zuständig war. John war laut Huffington Post unter den zuversichtlichsten Stimmen, die US-Präsident Barack Obama davon überzeugten, dass sich Bin Laden hinter den Mauern der Villa in Abbottabad versteckte.
Verfolgung vom Schreibtisch aus
Die Huffington Post bezieht sich bei ihrem Bericht auf ehemalige und jetzige hochrangige Mitarbeiter der CIA, die fast alle nicht namentlich genannt werden wollten. Ihre Aussagen ergeben laut dem Onlinemedium allerdings eine konsistente und glaubwürdige Geschichte der Karriere von John und seinem Kampf gegen Bin Laden vom Schreibtisch aus.
Er begann nach den Anschlägen von 11. September in der Analyseabteilung der Russland- und Balkan-Abteilung. Hier verdiente er, da er auf kleine Details achtete, seine ersten Lorbeeren. Seine Einschätzung des damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt laut den Quellen der Huffington Post immer noch als gültiges Profil des heutigen Ministerpräsidenten.
Der Teufel liegt im Detail
Die Fähigkeit, die Wichtigkeit von oberflächlich betrachtet unwichtigen Details zu erkennen und Zusammenhänge herzustellen, prädestinierte ihn schließlich für die Anti-Terror-Abteilung. „Er konnte einem immer die breitere Bedeutung all der angesammelten Detailinformationen erklären“, so John McLaughlin, der als seinerzeitiger CIA-Vizedirektor regelmäßig von dem Analysten informiert wurde. Von 2003 bis 2005 führte die Arbeit von John zu der Verhaftung zahlreicher Größen des Terrornetzwerkes wie etwa des Chefplaners der Anschläge vom 11. September, Chalid Scheich Mohammed.
Anders sah die Jagd nach Bin Laden aus. Immer wieder schlüpfte der Terrorpate den USA durchs Netz. So etwa in den afghanischen Bergen rund um Tora Bora, wo sich Bin Laden 2001 versteckt hatte. 2006 startete die CIA die „Operation Cannonball“. Mit Hilfe von Stützpunkten in den Stammesgebieten wollte man Bin Laden finden. Doch trotz der großen finanziellen und personellen Ausstattung gelang das nicht.
Nachdenken über Bin Ladens Versteck
John wurde unterdessen versetzt - die CIA will ihre Leute nicht zu lang in einer Abteilung halten. Durch die Routine könnten Dinge eher übersehen werden, so die Befürchtung des US-Auslandsgeheimdienstes. Doch John beharrte auf seiner Jagd nach Bin Laden, wie die Huffington Post schreibt. Er analysierte weiter jedes Detail, das über Bin Laden bekannt war. Wie lebte Bin Laden versteckt im Sudan? Mit wem umgab er sich, während er im afghanischen Kandahar lebte? Wie könnte Bin Ladens Versteck aussehen? Eine Liste von Hinweisen, Mitarbeitern und Familienmitgliedern Bin Ladens wurde erstellt.
Name des Kuriers taucht erstmals auf
John setzte sich auch dafür ein, das Drohnenprogramm für die Jagd auf Terroristen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet auf größere Teile Pakistans auszuweiten. 2007 tauchte erstmals durch einen Hinweis einer Kollegin der Name von Bin Ladens Kurier, der unter dem Tarnnamen Abu Ahmed al-Kuwaiti bekannt war, auf. Kuwaiti wurde zur Obsession. „Sie hatten Blut gerochen und ließen nicht mehr los“, so McLaughlin.
Es brauchte weitere drei Jahre, bis im August 2010 Kuwaiti auf einem Abhörband der National Security Agency (NSA) auftauchte. Kuwaiti soll sich damals am Stadtrand der pakistanischen Hauptstadt Islamabad aufgehalten haben - nicht weit vom Versteck Bin Ladens in Abbottabad. Innerhalb der Agency wurde allerdings die Spur heruntergespielt, um keine Eifersüchteleien aufkommen zu lassen. Mit einem Memo von September 2010 durch John wurde die Suche nach Kuwaiti zur Chefsache. Findet man Kuwaiti, findet man Bin Laden, so der Tenor.
Zweifel in der CIA
Die CIA konnte Kuwaiti schließlich in Abbottabad lokalisieren, unweit der pakistanischen Militärakademie. Dass sich Bin Laden unweit Islamabads verstecken sollte, stellte so ziemlich alles auf den Kopf, was die CIA bisher erwartet hatte. John beharrte allerdings darauf, dass das möglich sei und nicht so weit hergeholt, wie andere CIA-Leute dachten, so die Quellen gegenüber der Huffington Post.
Er verließ sich darauf, was er über die anderen Verstecke Bin Ladens bisher herausgefunden hatte. Es ergebe Sinn, dass sich der Terrorpate nur mit seinen Kurieren und seiner Familie im Versteck umgab und auch keine Telefon- oder Internetverbindungen nutzte. Auch wusste die CIA, dass sich hochrangige Al-Kaida-Mitglieder in städtischen Gebieten versteckt hatten.
„Zu 80 Prozent sicher“
Die Informationen wurden von dem damaligen CIA-Chef Leon Panetta an US-Präsident Barack Obama weitergegeben. Man versuchte nun alles, um herauszufinden, wer in dem Anwesen in Abbottabad eigentlich wohnt. Die Villa wurde rund um die Uhr von der CIA observiert. Aber nichts Definitives ergab sich. Überwachungssatelliten nahmen zwar Bilder eines hochgewachsenen Mannes auf, der sich auf dem Anwesen bewegte, doch sein Gesicht war immer verdeckt. So ging es Monate weiter.
Im Februar erklärte schließlich John, dass man mit diesen Methoden nie feststellen werde können, wer der Mann ist - alle Hinweise deuteten neben anderen Möglichkeiten jedoch auf Bin Laden hin. Er sei sich zu 80 Prozent sicher, dass es sich um den Terrorpaten handle, so John. Die Informationen wurden zu Obama weitergereicht. Jeder wusste allerdings, welches Risiko man mit einer militärischen Operation einging, sollte es sich nicht um Bin Laden handeln.
Obama gab schließlich im April das Okay zu der Operation der Navy SEALs. Anfang Mai griff das US-Spezialkommando in der Nacht das Anwesen Bin Ladens an und tötete den Terrorpaten. Die US-Soldaten nahmen nach dem Feuerüberfall die Leiche des seit über zehn Jahren gesuchten Mannes mit. Sie wurde von einem Flugzeugträger aus auf See bestattet.
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