Über 200 Mio. Dollar Strafzahlungen
Nach Goldman Sachs muss auch die US-Großbank JPMorgan Chase für zweifelhafte Geschäfte mit Hypothekenpapieren büßen. JPMorgan zahlt insgesamt rund 210 Mio. Dollar (fast 147 Mio. Euro) an Strafe und Wiedergutmachung - und kommt damit wesentlich günstiger weg als der Wall-Street-Nachbar Goldman Sachs, der vor einem Jahr 550 Millionen lockermachen musste.
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JPMorgan habe Investoren in die Irre geführt, „gerade als der US-Häusermarkt anfing zu fallen“, erklärte die Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) vergangene Woche in Washington. JPMorgan zahlt in einem Vergleich knapp 154 Millionen Dollar (über 197 Mio. Euro), damit die Ermittlungen ad acta gelegt werden. Der größte Teil des Geldes kommt den Geschädigten zugute. Darüber hinaus überweist die Bank Investoren eines ebenfalls gescheiterten Hypothekenpapiers freiwillig etwa 56 Mio. Dollar (über 39 Mio. Euro), wie JPMorgan erklärte. Eine Schuld räumte die Bank bei beiden Geschäften ausdrücklich nicht ein.
Hedgefonds wettete auf Absturz
Der Fall JPMorgan erinnert bis ins Detail an den von Goldman Sachs. Die SEC warf JPMorgan vor, Investoren eines Hypothekenpapiers namens „Squared CDO 2007-1“ darüber im Unklaren gelassen zu haben, dass ein Hedgefonds bei der Zusammenstellung des heiklen Finanzkonstrukts mitgewirkt - und anschließend auf ein Scheitern gewettet habe. Das CDO-Papier (Collateralized Debt Obligation, ein forderungsbesichertes Wertpapier, Anm.) habe zehn Monate später, als der US-Häusermarkt eingebrochen war, fast seinen kompletten Wert verloren, erklärte die SEC.
SEC ist „sehr aktiv“
Die Parallelen zu Goldman Sachs räumte auch SEC-Chefermittler Robert Khuzami auf Bloomberg TV ein: „Es gibt mehr Übereinstimmungen als Unterschiede.“ Dass die Strafsumme dennoch geringer ausgefallen sei, hänge mit einer Vielzahl von Faktoren zusammen, etwa der investierten Summe. Khuzami deutete an, weitere Finanzfirmen belangen zu wollen: „Wir sind sehr aktiv in diesem Feld.“
Kritiker hatten der SEC vorgeworfen, an Goldman Sachs ein Exempel statuiert zu haben. Die Investmentbank gilt als Symbol für Licht und Schatten an der Wall Street - für gigantische Gewinne wie für rücksichtsloses Geschäftsgebaren. Die nicht weniger gut verdienende JPMorgan Chase indes ist wesentlich breiter aufgestellt und besitzt auch ein starkes Privatkundengeschäft.
Verschärfte Gangart
Die US-Justiz und die Regulierungsbehörden verschärfen derzeit ihre Gangart gegenüber den Banken, die bisher kaum für ihre Verfehlungen in der Finanzkrise zur Rechenschaft gezogen wurden. Zuletzt hatte der Bankenregulierer NCUA Klage gegen JPMorgan Chase und die Royal Bank of Scotland eingereicht, weil mehrere US-Genossenschaftsbanken nach dem Kauf von fragwürdigen Hypothekenpapieren zusammengebrochen waren. Der Regulierer verlangt von den beiden Instituten insgesamt mehr als 800 Mio. Dollar.
Die Banken verteidigen sich zumeist mit dem Argument, ebenfalls unter der Finanzkrise gelitten zu haben - so erklärte JPMorgan, bei dem von der Börsenaufsicht bemängelten Hypothekenpapier „Squared CDO 2007-1“ selbst den größten Verlust davongetragen zu haben, und zwar mit fast 900 Millionen Dollar. Laut SEC hatte die Bank im März und April 2007 noch händeringend versucht, die Papiere unter die Investoren zu bringen. „Wir sind hochschwanger mit diesem Geschäft - lasst uns bitte einen Kaiserschnitt machen!“, zitierte die SEC aus einer E-Mail eines JPMorgan-Bankers.
Kleinkredite weiterverkauft
In den fraglichen Hypothekenpapieren hatten die Banken reihenweise kleine Hauskredite gebündelt und an Investoren weiterverkauft. Die stetig fließenden Kreditraten - so die Idee - sollten für satte Renditen sorgen. Doch im Laufe des Jahres 2007 wuchsen die Probleme auf dem bis dato boomenden US-Häusermarkt. Viele private Kreditnehmer konnten ihre Raten nicht mehr zahlen, der Geldstrom versiegte, die Hypothekenpapiere verloren massiv an Wert. Das gesamte Finanzsystem geriet ins Wanken. Nur das Eingreifen des Steuerzahlers verhinderte den Kollaps.
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