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Im Windschatten Hollywoods

Mit billigen Actionfilmen zum Erfolg: Die US-amerikanische Produktionsfirma The Asylum dreht C-Movies am Fließband und erreicht damit ein Millionenpublikum. Grund dafür ist jedoch nicht die besondere Originalität der Filme, sondern genau das Gegenteil. Das kleine Unternehmen spezialisierte sich auf Mockbuster und kopiert schamlos Titel und Handlung von aktuellen Hollywood-Blockbustern.

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David Latt, Geschäftsführer von The Asylum und gleichzeitig „vielfach ausgezeichneter Regisseur“, wie es auf der Firmenwebsite heißt, gilt als der Erfinder eines neuen Genres, für das die amerikanische Presse den Begriff Mockbuster kreiert hat - was ihm allerdings eher „passiert“ sei, wie er in Interviews betont. „Zufällig“ habe er 2005 eine Adaption von H. G. Wells „Krieg der Welten“ gedreht, der zeitgleich mit dem 133-Millionen-Dollar-Blockbuster von Steven Spielberg erschien.

Filmplakat von "Snakes on a Train"

The Asylum

Auch die Aufmachung der Plakate erinnert stark an die der Originale.

Schlangen im Zug statt im Flugzeug

Die Videokette Blockbuster habe damals versehentlich 100.000 DVDs des C-Movies von The Asylum bestellt, genauso wie auch unzählige Privatpersonen, so Latt. Auch wenn sich das Publikum wohl gewundert haben wird, statt Tom Cruise und Tim Robbins weitgehend unbekannte Darsteller und statt aufwendiger Special Effects billigen Trash gesehen zu haben: Das Geschäft für die Produktionsfirma hat sich gelohnt.

Das früher auf Horrorfilme spezialisierte Unternehmen witterte das große Geld und begann umgehend, auf serielle Produktion von Quasi-Plagiaten umzustellen. Aus „Transformers“ wurde „Transmorphers“, aus Roland Emmerichs Filmen „2012“ und „10.000 B. C.“ wurden „2012 Supernova“ und „100 Million B. C.“. Bei „Snakes on a Plane“ genügte ein simpler Location-Wechsel, um den Titel „Snakes on a Train“ auf den Markt werfen zu können, das Zombie-Spektakel „I Am Legend“ mit Will Smith wurde zu „I Am Omega“.

Die Generika des Filmbusiness

Dass das Publikum an sich so dumm sei, die Filme zu verwechseln, nimmt Latt nicht an. „Wir bekommen zwar jede Menge wütende E-Mails, aber weniger als ein Prozent unserer Filme werden umgetauscht. Auch nicht mehr als bei einem Hollywood-Blockbuster“, sagt er im „Neon“-Interview.

Doch nicht nur in Titelfragen hält sich Latt gerne eng ans Original, auch inhaltlich gleicht ein Plot oft dem anderen. So kämpfen auch in „Transmorphers“ böse Roboter - nur eben nicht, wie im Original, gegen gute Roboter, sondern gegen Lesben. Auch die Beschreibung von „Da Vinci Treasure“ erinnert frappant an den Inhalt der Dan-Brown-Bestseller-Verfilmung „The Da Vinci Code“.

Filmplakat von "The Da Vinci Treasure"

The Asylum

„Da Vinci Code“ („Sakrileg“) oder „The Da Vinci Treasure“ - auf den ersten Blick leicht zu verwechseln.

Ein moralisches Problem mit den Plagiaten sieht Latt trotzdem eher nicht. Der Regisseur und Produzent vergleicht seine Arbeiten mit Generika für Medikamente: „Warum soll ich die teuren Kopfschmerztabletten kaufen, wenn gleich daneben welche stehen, die die Hälfte kosten?“

Zwei Monate Arbeit

Ein Mockbuster wird im Vergleich zu den „echten“ Hollywood-Produktionen für einen Spottpreis in nur wenigen Monaten produziert. Drei Wochen Vorbereitungen, zwei Wochen Dreh, drei Wochen Postproduktion und Special Effects - fertig ist ein C-Movie, das dann zeitgleich mit dem „Original“ auf den Markt geworfen werden kann. „Unser Drehbuch und unsere Charaktere sind vielleicht nicht ausgereift, aber wir erledigen den Job, die Leute zu unterhalten. Erfolg hat nichts mit Qualität zu tun, sondern damit, was die Leute interessiert.“

Nicht besonders beliebt machen sich Latt und seine Kollegen bei den großen Filmstudios. Immer wieder sieht sich The Asylum mit Briefen von Anwälten erbosten Produzenten konfrontiert - etwa weil drei Tage vor dem offiziellen Kinostart von „The Day the Earth Stood Still“ mit Keano Reeves der Mockbuster „The Day the Earth Stopped“ in den Handel kam. Latt sieht die wütenden Reaktionen gelassen: „Das ist okay, die Rechtsabteilungen großer Studios müssen ja auch ihr Gehalt rechtfertigen. Aber sie haben noch nie Erfolg gehabt.“

Ein gigantischer Hai beißt in die Golden Gate Bridge in San Francisco

The Asylum

In „Mega Shark vs Giant Octopus“ muss auch die Golden-Gate-Brücke daran glauben.

„Mega Shark vs Giant Octopus“

Seitdem The Asylum 1995 gegründet wurde, musste die Firma so gut wie nie mit einem Film Verluste schreiben. Obwohl permanent im Kreuzfeuer der Kritik, konnte das Unternehmen konstant Einnahmen und Popularitätswerte steigern. The Asylum bedient eher eine Nische, jedoch eine, in der es sich sehr gut leben lässt, ist sich Latt des Geheimnisses seines Erfolgs bewusst. Und das meiste Geld habe seine Firma ohnehin mit einem Film ohne Blockbuster-Vorlage gescheffelt: mit „Mega Shark vs Giant Octopus“, einem Film, in dem ein etwa hundert Meter langer Hai einen Jumbojet aus der Luft schnappt oder der Golden Gate Bridge den Garaus macht. „Im Internet war der Film ein großer Erfolg. Die Leute haben ihn geliebt“, so Latt.

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