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Zerfall deutete sich schon früher an

Am 25. Juni 1991 hatten die jugoslawischen Republiken Slowenien und Kroatien endgültig genug von Jugoslawien. Ihre Parlamente verkündeten die Unabhängigkeit der beiden Republiken. Der Zerfall hatte sich aber schon wesentlich früher abgezeichnet.

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Begonnen hatten die Probleme in den 70er Jahren mit der stärkeren Föderalisierung Jugoslawiens, die den sechs Republiken und den zwei autonomen Provinzen Kosovo und Vojvodina mehr Entscheidungsfreiraum gab. Kritisch war vor allem die unterschiedliche ökonomische Entwicklung zwischen den reicheren nordwestlichen Republiken Slowenien und Kroatien und den weniger entwickelten im Südosten. Der Widerstand gegen den Ausgleichsfonds, mit dem die südlichen Gebiete unterstützt wurden, wuchs über die Jahre und wurde auch mit nationalistischen Emotionen aufgeputscht.

Nationalistische Mobilisierung

Gleichzeitig versuchte Serbien am gesamtjugoslawischen Konzept festzuhalten, hätte es doch bei einer Aufteilung Jugoslawiens am meisten zu verlieren gehabt - ein großer Teil der Serben lebte außerhalb des engeren Serbien. Der charismatische Staatschef Josip Broz Tito hatte die Ungleichheit und Unzufriedenheit noch unter Kontrolle gehabt. Mit seinem Tod im Mai 1980 starb aber auch die Idee des einheitlichen sozialistischen Jugoslawien.

Die nationalistischen Töne gewannen auf allen Seiten Oberhand. In Serbien avancierte Slobodan Milosevic zum Staatschef und trieb die nationalistische Mobilisierung seit Ende der 80er Jahre voran. In Kroatien forcierte der 1990 gewählte Franjo Tudjman die nationalistische Politik und die Abspaltung von Jugoslawien.

Militärische Konsequenzen

Die politische Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien hatte sofort militärische Konsequenzen. Der „Zehntagekrieg“ zwischen der jugoslawischen Volksarmee und Slowenien wurde aufgrund europäischer Vermittlung rasch beendet. In Kroatien hingegen entwickelte sich die Auseinandersetzung um serbisch besiedelte Gebiete zu einem Krieg, ethnische Säuberungen folgten. Noch im Dezember 1991 wurde in Kroatien die „Serbische Republik Krajina“ ausgerufen, Nichtserben wurden vertrieben.

Zivilisten und Soldaten gehen an einem zertstörtem Haus in Vukovar vorbei

AP/Srdjan Ilic

Im kroatischen Vukovar fand eine ethnische Säuberung durch die Serben statt.

Europa, die damalige Europäische Gemeinschaft (EG), reagierte zögerlich. Heftig debattiert wurde der Alleingang Deutschlands bei der Anerkennung von Slowenien und Kroatien und die verspätete Anerkennung von der EG und wenige Wochen später einer Mehrheit der EG-Staaten und Österreich. Kritiker monierten, dass durch die Anerkennung die militärische Eskalation vorangetrieben wurde.

Andere wiederum kritisierten die verspätete Reaktion des Westens und das Pochen auf eine gesamtjugoslawische Lösung. Das könnte von Milosevic als Bestätigung für sein militärisches Vorgehen ausgelegt werden, wurde befürchtet. Niemand habe Milosevic aufhalten wollen, analysiert der Historiker Ivo Banac. Denn auch die Politik von Ex-US-Präsident George H. Bush lautete, den Zerfall unter allen Umständen aufzuhalten.

Aufteilung von Bosnien-Herzegowina geplant

Was folgte, waren knapp fünf Jahre Krieg, zunächst in Kroatien, dann in Bosnien, wo die muslimische und kroatische Bevölkerung Anfang März 1992 in einem Referendum für die Unabhängigkeit stimmte. Der Krieg begann sofort. Wenige Wochen später wurde die Republika Srpska ausgerufen. Neben Milosevic zeigte auch die kroatische Seite unter Tudjman Interesse an Bosnien. Beide bemühten sich um eine Aufteilung des Staatsgebiets.

Präsident der Republika Srpska wurde der mittlerweile vor das UNO-Tribunal gestellte Radovan Karadzic. Das Kommando der bosnischen Serben übernahm der kürzlich festgenommene und lange gesuchte Ex-General Ratko Mladic. Dieser muss sich nun in Den Haag auch für den Völkermord an 8.000 Muslimen in Srebrenica verantworten.

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