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Heereseinsatz an der Grenze

Mit der Jugoslawien-Krise ist ein Kriegsschauplatz nahe an Österreich gerückt. Bei der Auseinandersetzung zwischen der jugoslawischen Armee und slowenischen Truppen fuhren im Juni 1991 an der Grenze zur Südsteiermark Panzer auf, Militärjets flogen über Graz. Auch das österreichische Bundesheer verlegte Truppen an Grenzübergänge wie Spielfeld und Bad Radkersburg.

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Schon wenige Stunden nach der slowenischen Unabhängigkeitserklärung am 25. Juni 1991 spielten sich in der Grenze zur Steiermark und Kärnten dramatische Szenen ab. Ein Luftangriff auf einen Lkw-Konvoi beim Grenzübergang Spielfeld, der zerschossene Kirchturm von Oberradkersburg (Gornja Radgona) und heftige Gefechte mit zwei Toten am Grenzübergang Bleiburg verursachten Unruhe in Österreich.

Einsatz ohne gesetzliche Deckung

Der damalige Verteidigungsminister Werner Fasslabend (ÖVP) ordnete umgehend einen Sicherungseinsatz an der kärntnerischen und steirischen Grenze an. 7.500 Soldaten wurden bis Ende Juli in die Region verlegt. Ein Angriff auf Österreich wurde nicht erwartet. „Unser schlimmstes Szenario war ein Übergreifen der Kampfhandlungen auf österreichisches Gebiet, wenn etwa die Jugoslawen eine slowenische Kaserne von Österreich aus hätten einnehmen wollen“, sagte der damals für die Einsatzplanung zuständige Oberst Robert Brieger.

Ein Panzer steht 1991 neben einer Straße bei Spielfeld nahe der Grenze

AP

Das österreichische Heer stellte an der Grenze bei Spielfeld Panzer auf.

Dass ohne die Vorstufe des Assistenzeinsatzes sofort ein Sicherungseinsatz vorbereitet wurde, sei „präzedenzlos“, sagte der Militärhistoriker Manfred Rauchensteiner anlässlich eines Symposions zum Slowenien-Krieg vor kurzem. Der Einsatzbefehl ging hinaus, gesetzliche Deckung sei in den ersten vier Tagen nicht gegeben gewesen.

Auszeichnung für Genscher und Mock

Auch wenn Österreich formell Slowenien und Kroatien erst am 15. Jänner 1992 anerkannte, galt es dennoch neben Deutschland als vehementer Verfechter der Eigenständigkeit dieser Länder. Schon bald nach der Proklamation der Unabhängigkeit wurden der deutsche Außenminister Hans Dietrich Genscher und sein österreichischer Kollege Alois Mock (ÖVP) mit den höchsten slowenischen Orden ausgezeichnet.

„Man hätte schon viel früher anerkennen müssen“, bekräftigte Mock seine Position noch Jahre später. Das Ende Ex-Jugoslawiens habe schon unter Staatschef Josip Broz Tito begonnen. An einen Zerfall hatte der ehemalige Außenminister allerdings nicht gedacht: „Es ging um Integration. Die Entscheidungen für die Loslösung sind demokratisch erfolgt. Man musste ja auch anerkennen, dass der Kommunismus abgelegt wurde.“

Koalitionsstreit über Anerkennung

Dass mit mehr Zurückhaltung ein Blutvergießen vermieden hätte werden können, glaubt Mock nicht. Kroatien habe sich zu Recht gegen den serbischen Aggressor zur Wehr gesetzt, auch wenn Krieg immer Unrecht mit sich bringe. Gemeinsam mit dem damaligen Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) warb Mock international um Anerkennung der beiden Staaten „so bald wie möglich“, unterstützt wurden sie dabei von der FPÖ und den Grünen. Der Volkspartei sei es dabei in erster Linie um die „Stabilisierung der Nachbarschaft“ gegangen, betonte Busek.

In der rot-schwarzen Koalition war dieser Zug der von der ÖVP dominierten Außenpolitik gegenüber dem katholisch geprägten Kroatien nicht unumstritten. Der damalige SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky hatte einen Alleingang Österreichs bei der Frage der Anerkennung zurückgewiesen und als „außenpolitisches Abenteuer“ bezeichnet. Ein halbes Jahr wurde in der damaligen rot-schwarzen Regierung letztlich über die Haltung zur Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien gestritten.

Am 17. Dezember 1991 erkannte die Europäische Gemeinschaft überraschend die beiden Länder an. Spätestens da kam es in Wien zum offenen Streit. Mock hatte angekündigt, dass sich Österreich dem Schritt der EG anschließen werde. Das wurde am 15. Jänner 1992 umgesetzt.

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