Wochenlange Suche erfolgreich
Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen haben Lebensmittelkontrolleure erstmals den aggressiven EHEC-Typ O104 in einer Packung Sprossen nachgewiesen, die nach den bisherigen Erkenntnissen aus dem bereits seit Tagen gesperrten Erzeugerbetrieb im niedersächsischen Bienenbüttel stammen.
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Der Nachweis gelang Forschern des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Rhein-Ruhr-Wupper, wie das Düsseldorfer Verbraucherschutzministerium am Freitag mitteilte. Die geöffnete Sprossenpackung hatte sich demnach im Mistkübel einer Familie, in der zwei EHEC-Erkrankungen registriert worden waren, im Rhein-Sieg-Kreis bei Bonn befunden. Damit sei erstmals eine ununterbrochene Kette zwischen infizierten Sprossen aus dem Betrieb in Bienenbüttel und erkrankten Personen nachgewiesen, teilte das Ministerium mit.
Der Biohof in Bienenbüttel im Kreis Uelzen ist inzwischen komplett gesperrt und darf kein Gemüse mehr in den Handel liefern, wie Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) in Hannover sagte. Bisher galt das Verkaufsverbot nur für Sprossen. Der Betrieb sei nun definitiv als Hauptauslöser für die Erkrankungswelle ausgemacht worden.

APA/dpa/Julian Stratenschulte
Akribische Suche auf dem Sprossen-Hof
Genauer „Tathergang“ noch unklar
Wie der Erreger auf die Sprossen gelangte, bleibt Spekulation. Möglicherweise wurde er durch Menschen übertragen; eine Mitarbeiterin des Bienenbütteler Hofes war nachweislich an EHEC erkrankt. Auch eine Verseuchung durch Wasser, Saatgut oder Vorlieferanten ist möglich. Womöglich wird die genaue Ursache aber nie geklärt.
„Es sind die Sprossen“
Bereits zuvor hatte sich der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, am Freitag in Berlin überzeugt gezeigt, dass die Sprossen der Auslöser der tödlichen EHEC-Epidemie sind. Burger, der sich bei Vermutungen über die Ursache stets zurückgehalten hatte, hatte - noch vor Bekanntwerden des Nachweises - aufgrund der eindeutigen Lieferwege betont: „Es sind die Sprossen.“
Am Vormittag hatten die deutschen Behörden bereits die Warnung vor dem Verzehr von Gurken, Paradeisern und Blattsalat aufgehoben - Sprossen, insbesondere rohe, sollen dagegen weiter gemieden werden.
Die EU-Kommission zeigte sich erfreut über die Aufhebung der Warnung. In Österreich wurde der deutsche Ausbruchsstamm übrigens nie nachgewiesen, wie Pamela Rendi-Wagner, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, im Ö1-Mittagsjournal betonte. Mehr als 470 Proben wurden heuer gezogen, in Österreich habe es keinen Anlass zur Sorge gegeben.
Umstrittene Warnung
Die deutschen Behörden hatten aufgrund ihrer bisherigen Erkenntnisse, die auf Befragungen von EHEC-Erkrankten beruhten, vor dem Verzehr von rohen Gurken, Paradeisern und Salaten gewarnt. Anders dagegen die Empfehlung der EU-Kommission und vieler anderer EU-Länder, darunter Österreichs.
Hier hatten die Gesundheitsbehörden nicht vom Verzehr abgeraten, jedoch zu besonderer Hygiene und gründlichem Waschen des Gemüses geraten. Die Warnung hatte zunächst bei spanischen, in der Folge aber bei Gemüsebauern aus allen EU-Ländern teils dramatische Folgen: Frisch geerntetes Gemüse musste in Tonnen vernichtet werden, Millionenschäden waren die Folge.
Der Gurkenverdacht
Dass es sich in Deutschland bei dem Auslöser um rohes Gemüse gehandelt haben könnte, wurde aufgrund des Geschlechts und des Alters der Opfer angenommen: meist erwachsene Frauen, die sich gesund ernährt haben.
„Ausbruch noch nicht vorbei“
„Wir sind ein Stück weit erleichtert“, sagte die deutsche Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) betonte, es sei gut, dass die Warnung nun auf Sprossen beschränkt wurde. Für die Bürger sei jetzt klarer, wie sie sich schützen könnten. EHEC-Entwarnung könne weiterhin nicht gegeben werden. Die Zahl der Neuerkrankungen sei aber weiter deutlich rückläufig. Er sei sicher, dass sich die Lage in vielen Krankenhäusern wieder normalisiere.
RKI-Chef Burger sagte: „Der Ausbruch ist noch nicht vorbei. Möglich wäre, dass die Infektionsquelle versiegt ist.“ Das stehe aber noch nicht fest. Denkbar sei auch, dass die betroffenen Lebensmittel nur über einen bestimmten Zeitraum mit dem EHEC-Erreger in Kontakt gewesen seien. Es gebe noch Klärungsbedarf. Auch Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) freute sich über die Aufhebung der Warnung, die „zu einer massiven Verunsicherung der Konsumenten“ geführt habe.
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