Die Faszination des Verbrechens
Neben Spannung ist es vor allem auch Humor, den die Krimis der Saison zu bieten haben. Und die Bücher laden zu schaurigen Reisen ein - nach Botswana und China.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Mit Präzisionsgewehr und Seil gegen Stuttgart 21
Mit seinem Stuttgart-21-Roman „Wo die Löwen weinen“ hat Heinrich Steinfest ein Manifest des zivilen Ungehorsams geschrieben. Zwei seiner Hauptprotagonisten lässt er mit Präzisionsgewehr respektive Seiltanz auf ebenso ungewöhnliche wie radikale Weise gegen das deutsche Großprojekt aufbegehren. Auf der Jagd nach dem potenziellen Attentäter trifft Kommissar Rosenblüt auf dunkle, vor allem aber auf widerwärtige Gestalten, denen ihre Machtausübung über alles geht. Ein ungewohnt politischer Roman des in Stuttgart lebenden Österreichers mit wie üblich eindrucksvoller Bildsprache. Nur bei Steinfest lächeln Frauen wie Heckenscheren und kann ein Hund wie ein Strauß Veilchen schimmern.
Heinrich Steinfest: Wo die Löwen weinen. Theiss, 300 Seiten, 19,90 Euro.

ORF.at/Doris Rauh
Wien, Berlin, Spannung und Spaß
Petra Hartlieb lebt in Wien, Claus-Ulrich Bielefeld in Berlin. Die beiden verbindet eine Freundschaft - und nun haben sie gemeinsam einen heiteren Wien-Berlin-Krimi geschrieben. Weil sie beruflich der Literaturwelt angehören - sie betreibt eine Buchhandlung, er ist Kritiker -, ist die Leiche in ihrem Buch ein Autor. Der Piefke-Kommissar und die Bösi-Ösi-Ermittlerin geraten gleich aneinander, haben einander dann aber doch ziemlich gern. Szenelokale und -viertel da wie dort sind die Schauplätze, wer Wien und/oder Berlin liebt, wird vieles wiedererkennen. Ideal für den Strand: Spaß und Spannung.
Petra Hartlieb, Claus-Ulrich Bielefeld: Auf der Strecke. Ein Fall für Berlin und Wien. Diogenes, 359 Seiten, 11,30 Euro.
Durchs korrupte China mit Inspektor Chen
Der chinesische Autor Qiu Xiaolong erweist sich als Routinier, der sich auf höchstem Niveau eines sehr europäischen Genres bedient: des Ermittler-Krimis. Gar nicht so unähnlich sind seine Oberinspektor-Chen-Romane jenen von Henning Mankell. Immer werden auch chinesische Traditionen beleuchtet und vor allem die korrupte Verbandelung von Wirtschaft und Politik beleuchtet. Diesmal geht es um einen skrupellosen Firmenboss, der die Verschmutzung eines Sees in Kauf nimmt und eines Abends in seiner Wohnung getötet wird. Steckt die liebenswerte Umweltschützerin dahinter, die Chen gerade erst kennengelernt hat?
Qiu Xiaolong: Tödliches Wasser. Zsolnay, 302 Seiten, 20,50 Euro.
Parker auf der Flucht
Die Brutalität hat kein Ende, aber noch immer kann man Parker nicht hassen, den Gangster aus Richard Starks (alias Donald E. Westlake) Feder. Seit geraumer Zeit bringt Zsolnay jede Saison mindestens einen Parker-Roman heraus. Der Plot ist immer ähnlich: Parker plant einen Coup mit anderen Gangstern. Der geht ziemlich schief - und am Ende muss Parker aufpassen, von seinen Kollegen nicht ausgeschaltet zu werden, oder er plant seinerseits ihre Ermordung, um den Kuchen nicht teilen zu müssen. Diesmal wird ein Casinoschiff überfallen. Das Buch ist übrigens Stephen Kings Lieblings-Parker.
Richard Stark: Sein letzter Trumpf. Ein Parker Roman. Zsolnay, 283 Seiten, 18,40 Euro.
Töten oder getötet werden
Der Autor und studierte Philosoph Adrian McKinty hat ein bewegtes Leben hinter sich - als Wachmann, Vertreter, Briefträger und als Rugby-Trainer. All diese Erfahrungen bringt er in seine rasante Thriller-Trilogie um den sympathischen Tunichtgut Michael Forsythe ein. Nun ist bei Suhrkamp nach „Der sichere Tod“ der zweite Band „Der schnelle Tod“ erschienen. Das Buch führte im Mai die renommierte Arte-Krimibestenliste an. Ein Mann im Zeugenschutzprogramm muss sich entscheiden: Jäger oder Gejagter, Mörder oder Opfer?
Adrian McKinty: Der schnelle Tod. Suhrkamp, 427 Seiten, 10,30 Euro.

ORF.at/Doris Rauh
Ein Deal läuft aus dem Ruder
Steven Soderbergh hat den Stoff mit George Clooney in der Hauptrolle verfilmt. In den USA wird der Autor mit Balzac verglichen, im deutschen Sprachraum jedoch unterschätzt, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt: Elmore Leonards Roman „Road Dogs“ wurde nun ins Deutsche übersetzt. Ein Deal unter Gefängnisinsassen läuft aus dem Ruder - und ein Bankräuber, heißt es, fühlt sich zwischen den Fronten am wohlsten. Hohes Lob für das Buch auch von Dennis Lehane und Stephen King. Der Autor gilt als Meister des Genre-Romans.
Elmore Leonard: Road Dogs. Eichborn, 303 Seiten, 20,60 Euro.
Im Busch von Botswana
Krimis bieten sich dafür an, fremde Kulturen ein wenig kennenzulernen. Die beiden Schriftsteller Stanley Trollip und Michael Sears, zwei südafrikanische Professoren im Ruhestand, schreiben unter dem Pseudonym Michael Stanley eine Krimireihe, in der Inspektor Kubu in Botswana ermittelt. Nun ist der zweite Band der Reihe auf Deutsch erschienen, „Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu“. In einem Busch-Camp werden zwei Männer getötet, der dritte verschwindet. Ist er der Mörder? Der Fall enpuppt sich als weitaus komplexer als zunächst gedacht.
Michael Stanley: Kubu und der zweite Tod von Goodluck Tinubu. Eichborn, 496 Seiten, 22,60 Euro.
Spleeniger Buchhändler als Detektiv
Eine Einmanndetektei. Daneben eine Buchhandlung. Der Detektiv verschwindet. Der spleenige Buchhändler beschließt kurzerhand, die Fälle zu übernehmen - ein humorvoller Kuddelmuddel beginnt sich zu entfalten, in dem ihm seine neue angebetete Assistentin auch nicht helfen kann. Schließlich überheben sich die beiden heillos an einem Fall - das Geschehen nimmt seinen Lauf. Britischer Humor, der ausgereizt wird bis zur letzten Seite.
Colin Bateman: Ein Mordsgeschäft. Mord, Anarchie und verdammt heiße Hosen. Heyne, 432 Seiten, 9,30 Euro.
Simon Hadler, Johanna Grillmayer, ORF.at
Links: