„Rezession etwas tiefer als angenommen“
Griechenland braucht nach Einschätzung der Troika von Internationalem Währungsfonds (IWF), EZB und EU-Kommission neue Finanzhilfen von außen, um seine Schuldenprobleme zu lösen. „In Anbetracht der Unwahrscheinlichkeit einer Rückkehr Griechenlands auf die Finanzmärkte im Jahr 2012 ist das Anpassungsprogramm nun unterfinanziert“, heißt es in den Ergebnissen der gemeinsamen Prüfungen der Troika.
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„Die nächste Auszahlung (aus dem laufenden Griechenland-Hilfspaket, Anm.) kann nicht stattfinden, bevor das Problem dieser Unterfinanzierung gelöst ist“, heißt es weiter. Griechenland hofft darauf, Anfang Juli die nächsten zwölf Milliarden Euro aus dem 110 Milliarden Euro schweren internationalen Hilfsprogramm zu bekommen. Zuvor wollen die EU-Finanzminister am 20. Juni über neue Hilfen für das pleitebedrohte Land entscheiden.
Die Kosten einer Marktfinanzierung sind für Griechenland weiterhin nicht tragbar, steht laut „Handelsblatt“ in dem Bericht. „Die Renditen sind in den letzten Monaten beträchtlich gestiegen und verzeichnen Höhepunkte, die die Werte zu Beginn des wirtschaftlichen Anpassungsprogramms weit überschreiten“, zitierte das Blatt aus dem Troika-Bericht.
Zuletzt Stillstand bei Reformen
Laut der Troika „scheint die Rezession etwas tiefer und länger auszufallen als anfangs angenommen“. Nach einem kraftvollen Anfang im Sommer 2010 sei in Griechenland die Umsetzung der Reform in den letzten Quartalen zum Stillstand gekommen. Die Wirtschaftsaktivität sei im Jahr 2010 um viereinhalb Prozent und damit etwas deutlicher geschrumpft, als bei Auflegung des wirtschaftlichen Anpassungsprogramms und in anschließenden Prüfungen angenommen worden sei.
„Der Rückgang betraf vorwiegend die Binnennachfrage, wohingegen der Außenhandelssektor dynamisch war und damit zur Reduzierung der Leistungsbilanzungleichgewichte beitrug“, schreiben die Vertreter der gemeinsamen Delegation laut „Handelsblatt“.
Verbesserung bei Wettbewerbsfähigkeit
Die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands hat sich laut dem Bericht dank der Lohnkürzungen verbessert. "Dennoch haben die Strukturreformen noch nicht die kritische Masse erreicht, die zu sichtbaren Ergebnissen bei der Produktivität und Wachstumsfähigkeit der Wirtschaft führen würde.
Bedarf an 120 Mrd. Euro?
Von Vertretern der Euro-Zone hieß es am Donnerstag, dass Griechenlands Finanzloch 120 Mrd. Euro groß sei. Dafür müssten die EU, die Euro-Länder und der IWF ein Kreditpaket von bis zu 60 Mrd. Euro schnüren. Der luxemburgische Finanzminister Jean-Claude Juncker schätzte den Bedarf noch auf 90 Milliarden Euro zusätzlich.
Die von Athen geplanten Privatisierungen sollten für ein Drittel der derzeit benötigten Finanzmittel ausreichen und 30 Milliarden Euro einbringen, teilte Juncker am Mittwoch nach einer Telefonkonferenz der Finanzminister der Euro-Zone mit.
Anstrengungen „neu beleben“
Zugleich forderte er eine „Neubelebung“ der griechischen Anstrengungen zur Beilegung der Schuldenkrise. „Wir erkennen den von der griechischen Regierung bisher erreichten bedeutsamen Fortschritt an“, erklärte Juncker. Weitere Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung seien aber nötig.
Die Finanzminister der Euro-Zone zeigten sich Mittwochabend optimistisch, dass Griechenland seine Schuldenprobleme meistern kann, wenn es sich an die mit EU, IWF und EZB vereinbarten Wirtschafts- und Finanzreformen hält. Man teile die Einschätzung der Troika, teilte die Euro-Gruppe mit.
Schäuble-Aufruf: Anleihenrisikoaufschläge steigen
Die Risikoaufschläge griechischer Staatsanleihen sind am Mittwoch erneut stark gestiegen. Händler nannten als Grund die Forderung des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble nach einer Umschuldung der Verbindlichkeiten des Landes und nach finanziellen Beiträgen auch privater Investoren. Die Rendite griechischer Anleihen mit zweijähriger Laufzeit stieg besonders stark um mehr als einen ganzen Prozentpunkt auf knapp 22,4 Prozent. Auch im fünf- und zehnjährigen Bereich legten die Renditen kräftig zu, wenngleich nicht ganz so stark wie in den kurzfristigen Laufzeiten.
Designierter EZB-Chef warnt vor Umschuldung
Den Warnungen von Notenbankern vor einer Umschuldung schloss sich am Mittwoch auch der designierte EZB-Chef Mario Draghi an. Eine Umschuldung eines Euro-Landes könne das ganze Finanzsystem destabilisieren, erklärte Draghi in einer am Mittwoch in Brüssel und Frankfurt bekanntgewordenen schriftlichen Antwort auf eine Anfrage von EU-Abgeordneten. „Das könnte schwere Folgen für das künftige Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone haben.“
Moody’s: Zahlungsaufschub kommt Ausfall gleich
Die Ratingagentur Moody’s hatte am Dienstag bekanntgegeben, dass ein Zahlungsaufschub für Griechenland unter Beteiligung privater Gläubiger einem Zahlungsausfall gleichkomme. „Unter den gegebenen Umständen ist es schwer vorstellbar, dass man das freiwillig tut“, sagte der für die Bonitätsbewertung von Staaten zuständige Moody’s-Manager Bart Oosterveld in Paris. „Es ist deshalb aus unserer Sicht ziemlich wahrscheinlich, dass das ein Kreditereignis darstellt.“
Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker zufolge arbeitet die EZB derzeit an einer Formel zur Beteiligung privater Investoren an einer Streckung. Damit soll verhindert werden, dass die Ratingagenturen die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands feststellen, was für erhebliche Turbulenzen auf den Finanzmärkten sorgen könnte.
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