Libyen: Systematische Vergewaltigungen bestätigt

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Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichts (IStGH) in Den Haag, Luis Moreno-Ocampo, hat den Verdacht systematischer Vergewaltigungen durch das libysche Militär bestätigt.

Ihm lägen Informationen vor, laut denen das Regime von Muammar al-Gaddafi „Container von Mitteln wie Viagra einkaufte“, um seine Soldaten zur sexuellen Gewalt anzuheizen, sagte Moreno-Ocampo gestern bei den Vereinten Nationen in New York.

Befehl von Gaddafi selbst erteilt

Anfangs sei nicht klar gewesen, auf welcher Ebene des Regimes die Massenvergewaltigung von Zivilistinnen angewiesen wurde, räumte Moreno-Ocampo ein. Inzwischen habe er aber Hinweise darauf, dass Gaddafi selbst beschloss, sexuelle Gewalt als Strafe für vermutete Regimegegner zu verhängen.

Das Ziel sei, die Frauen zu entwürdigen und die gegnerische Front zu schwächen, sagen Menschenrechtsexperten. „Es ist eine neuere Taktik von ihm“, sagte der oberste Ankläger für Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei einer Pressekonferenz.

Ausreichend Beweise für Anklage

Für eine Anklage gegen Gaddafi glaubt Moreno-Ocampo in zwei Punkten mittlerweile ausreichend Beweismaterial vorliegen zu haben. Es bezieht sich auf dessen Befehl, auf wehrlose Demonstranten zu schießen, und auf das Verhaften, Foltern und vermutlich auch Töten von Libyern, die gegen sein Regime auf die Straße gegangen waren und seitdem verschwunden sind.

NATO stockt Einsatzkräfte nicht auf

Die NATO will ihre Luftschläge gegen Ziele in Libyen bis zum Sturz des Regimes von Gaddafi fortsetzen. Die Mitgliedsstaaten sind aber nicht willens, ihre militärischen Anstrengungen deutlich über das bisherige Maß auszuweiten. Ein Appell von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen an alle 28 NATO-Regierungen, zusätzliche militärische Kräfte für den Libyen-Einsatz bereitzustellen, verhallte bei einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel ohne erkennbare Reaktion.

Aufruf an Deutschland ohne Erfolg

US-Verteidigungsminister Robert Gates rief speziell Deutschland laut Sitzungsteilnehmern auf, sich an dem Einsatz zu beteiligen. Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) sagte nach den Beratungen, Deutschland unterstütze „die Ziele und die Maßnahmen der NATO“, sei aber „in diesem Fall militärisch nicht dabei“. Dabei bleibe es.

Mit einer Kampfansage im staatlichen TV hatte sich Gaddafi zuvor weiter unbeugsam gezeigt. Die NATO setzte daraufhin ihre Angriffe auf Ziele in Tripolis, darunter offenbar auch Gaddafis Residenz, fort.

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